Ungewöhnliches Planetensystem um schnell rotierenden Stern
Entdeckung wirft neue Fragen zur Entstehung von Planeten auf.
Frei nach Isaac Asimov kündigt sich wissenschaftlicher Fortschritt häufig nicht mit einem „Eureka!“ sondern eher mit „Hm, das ist sonderbar...“ an. Das neu entdeckte Planetensystem HIP 65426 ist ein Beispiel dafür: Mit einem extrem schnell rotierenden Zentralstern, dem Fehlen der Gasscheibe, die man für ein nur 14 Millionen Jahre altes System erwarten würde, und mit einem vergleichsweise massearmen, weit vom Stern entfernten Planeten widerspricht HIP 65426 einer ganzen Anzahl astronomischer Erwartungen. Wie konnte ein solch ungewöhnliches System überhaupt entstehen?
Abb.: Abbildung des Planeten HIP 65426 (links unten), aufgenommen mit dem SPHERE-
Allgemein entstehen Planeten in rotierenden Scheiben aus Gas und Staub, die junge Sterne umgeben. In den jungen Planetensystemen, die man bislang kennt sind die Reste dieser Scheiben nach wie vor sichtbar. Außerdem besteht üblicherweise ein Zusammenhang zwischen den Massen: Massereiche Sterne haben massereichere Scheiben, in denen sich dann auch massereichere Planeten bilden. Der jetzt bei dem Stern HIP 65426 entdeckte Planet passt nicht in dieses Muster.
Die Entdeckung von HIP 65426b gelang einem internationalen Team von Astronomen mit dem SPHERE-
„Wir würden erwarten, dass ein so junges Planetensystem noch seine Staubscheibe besitzt, die man in den Beobachtungen dann auch sehen sollte“, sagt Gael Chauvin von der Universität Grenoble und der Universidad de Chile. „Aber soweit wir sehen können, besitzt HIP 65426 keine solche Staubscheibe – ein erstes Anzeichen dafür, dass das System nicht so recht zu den klassischen Modellen der Planetenentstehung passt."
Dann ist da noch der Planet HIP 65426b. Im Vergleich der Beobachtungen mit entsprechenden Modellen dürfte es sich um einen jupiterähnlichen Planeten handeln, mit einer Temperatur zwischen 1300 und 1600 Kelvin, dem anderthalbfachen Jupiterradius und zwischen sechs und zwölf Mal der Jupitermasse. HIP 65426b wäre damit wie Jupiter ein Gasriese mit einem festen Kern, umgeben von dicken Gasschichten. Untersuchungen mit dem zu SPHERE gehörigen Spektrographen deuten auf die Anwesenheit von Wasserdampf und rötlichen Wolken hin, ähnlich wie bei Jupiter. Der Planet hat eine große Entfernung vom Zentralstern, nämlich rund hundert Astronomische Einheiten.
Auch das ist auf unterschiedlichen Ebenen sonderbar. Sterne vom gleichen Typ wie HIP 65426 haben etwa das Doppelte der Sonnenmasse. Bislang wurde angenommen, dass ein solcher massereicher Stern deutlich massereichere Riesenplaneten um sich haben sollte als HIP 65426b. Riesenplaneten eines solchen Sterns würden Astronomen zudem auch nicht so weit draußen vermuten wie in diesem Fall.
Nicht zuletzt hat auch der Zentralstern eine ungewöhnliche Eigenschaft. Aus Spektren, die mit dem HARPS-
Bislang können die Astronomen nur vermuten, wie die ungewöhnlichen Eigenschaften des Systems zustande gekommen sind. Ein mögliches Szenario entspräche einem regelrechten Planetensystem-
Zuverlässigere Erklärungen wird es erst geben, wenn weitere Beobachtungen und Simulationen durchgeführt sind. Das Ergebnis dürfte auch unser allgemeineres Verständnis dafür verbessern, wie Gasriesen entstehen, sich entwickeln und möglicherweise innerhalb des Planetensystems migrieren. Das wiederum ist von grundlegender Bedeutung für unser Verständnis der Entstehung von Planetensystemen im Allgemeinen: Vom Zentralstern abgesehen steckt die meiste Masse eines Planetensystem in solchen Gasriesen, deren Anwesenheit und Eigenschaften auch die Entstehung ihrer masseärmeren Verwandten beeinflussen, etwa von erdähnlichen Planeten und Supererden.
MPIA / RK