Urknall in der Ionenfalle
Verschränkungsprozesse bei der Paarbildung der Inflationsphase lassen sich mit Ionen simulieren.
Am Anfang war die Welt wüst und leer. In den Augen eines theoretischen Physikers wie Ralf Schützhold, Forscher am Helmholtz-
Abb.: Ralf Schützhold leitet seit 2018 die Gruppe für theoretische Physik am HZDR. (Bild: R. Weisflog / HZDR)
Allerdings bedeutet „Vakuum“ in der Physik nur, dass es dort keine Materie in Form von Molekülen, Atomen oder Elementarteilchen gibt. Zum Beispiel elektrische oder magnetische Felder existieren durchaus. Sie verteilen sich aber nicht völlig gleichmäßig, sondern sind an einigen Stellen ein wenig stärker oder schwächer. Sobald die Inflationsphase beginnt und sich das immer noch winzig kleine Universum extrem rasch und stark aufbläht, reißt es diese Fluktuationen – angetrieben von gigantischen Kräften – schlagartig auseinander. Dabei wandeln sich die gewaltigen Energien in Materie um. So entsteht ein Paar von Elementarteilchen, die sich in einer Eigenschaft grundlegend unterscheiden: Zum Beispiel kann sich ein Elektron gemeinsam mit einem Positron bilden.
Damals entstanden auch viele andere Elementarteilchen. Diese Paarbildung in einem unvorstellbar kurzen Moment am Anfang der Geschichte des Kosmos sollte für das spätere Schicksal des Universums und für unsere eigene Existenz noch eine sehr wichtige Rolle spielen. Überall dort, wo sie auftauchte, gab es eine kleine Unregelmäßigkeit, Inhomogenitäten entstanden.
Genau an diesen Unregelmäßigkeiten veränderte sich die Temperatur. Diese winzigen Wärme-
Über die Paarbildung am Anfang dieser Entwicklung hat bereits der berühmte Wiener Physiker Erwin Schrödinger nachgedacht. Irène und Frédéric Joliot-
Daher gibt es immer wieder Vorschläge, wie sich diese Theorie in der Praxis überprüfen lässt. Gemeinsam mit Christian Fey von der Universität Hamburg und Tobias Schaetz von der Universität Freiburg legt Ralf Schützhold jetzt einen neuen Vorschlag vor: Tobias Schaetz könnte die Paarbildung in der inflationären Phase mit Hilfe einer Ionenfalle nachahmen.
Ein elektromagnetisches Feld hält in einer solchen Ionenfalle zum Beispiel elektrisch positiv geladene Magnesium-
Lockern die Forscher nun ein wenig das elektromagnetische Feld, das die Ionen festhält, schießen beide – angetrieben von der abstoßenden Kraft ihrer gleichen elektrischen Ladungen – in entgegengesetzter Richtung entlang der Achse des Zylinders davon. Manchmal bewegt sich das davonfliegende Ion zusätzlich ein klein wenig senkrecht zu dieser Achse. Stellen die Forscher eine solche Schwingung bei einem der Ionen fest, verlangen die Gesetze der Quantenphysik, dass auch der in die andere Richtung davonschießende Partner mit der gleichen Energie schwingt. Ähnliches gilt für die Paarbildung beim Auseinanderreißen im frühen Universum.
Anhand dieses Modellsystems lassen sich Verschränkungsphänomene bei einer plötzlichen Expansion studieren. Und da die Verschränkung sehr wichtig für den Bau von extrem leistungsfähigen Quantencomputern ist, investieren die Forscher mit dem Nachahmen der Vorgänge beim Urknall in Ionenfallen auch eine klein wenig in eine Zukunftstechnologie.
HZDR / DE