Ursachen für Studienabbruch untersucht
An der HIS-Studie, die auch die Bachelor-Studiengänge einbezieht, beteiligten sich rund 2.500 Studienabbrecher von 54 Universitäten und 33 Fachhochschulen.
An der HIS-Studie, die auch die Bachelor-Studiengänge einbezieht, beteiligten sich rund 2.500 Studienabbrecher von 54 Universitäten und 33 Fachhochschulen.
Welches sind die wesentlichen Gründe für den Studienabbruch 2008? Welchen Einfluss haben die eingeführten Bachelor- im Vergleich zu den traditionellen Studiengänge auf die Ursachen und Motive, die zu einem Studienabbruch führen? Mit Fragestellungen wie diesen hat die HIS Hochschul-Informations-
System GmbH im Studienjahr 2008 eine bundesweit repräsentative Untersuchung zu
den Ursachen und Motiven des Studienabbruchs durchgeführt. An der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Untersuchung beteiligten sich insgesamt rund 2.500 Studienabbrecher von 54 Universitäten und 33 Fachhochschulen. Aus Vergleichsgründen wurden in der am Dienstag veröffentlichten Studie zudem Daten von 1.600 Absolventen und 400 Hochschulwechslern erhoben.
Zum ersten Mal liegen damit Daten zu den Ursachen und Motiven des Studienabbruchs in den Bachelor-Studiengängen an deutschen Hochschulen vor. Zwar befindet sich Deutschland mit einer Studienabbruchquote von 21 % im OECD-Ländervergleich im unteren Mittelfeld, mit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge haben sich jedoch deutliche Verschiebungen ergeben. Während die neue Studienstruktur zum Beispiel in den Sprach- und Kulturwissenschaften zu einer spürbaren Abnahme des Studienabbruchs beigetragen hat, hat sich die Situation insbesondere in den Ingenieur- und Naturwissenschaften zum Teil sogar noch verschärft.
Abb.: Ausschlaggebende Studienabbruchmotive 2000 und 2008 (Bild: HIS GmbH)
Die Entscheidung, ein Studium abzubrechen, wird in der Regel nicht durch ein Motiv allein bestimmt. Allerdings steht bei den meisten Studienabbrechern ein Grund im Mittelpunkt, der letztlich den Ausschlag für den Studienabbruch gibt. Drei Motive stehen dabei gegenwärtig im Vordergrund. 20 % aller befragten Studienabbrecher fühlen sich den Anforderungen des Studiums nicht gewachsen und geben daher Leistungsprobleme als Grund für den Studienabbruch an. Zählt man die 11 % der Studienabbrecher hinzu, die das Nichtbestehen von Prüfungen als Abbruchgrund nennen, so sind 31 % der Studienabbrecher aus Gründen der Überforderung gescheitert. Dies ist ein Anstieg von 11 % im Vergleich zum Studienjahr 2000, wo ebenfalls eine von HIS durchgeführte Abbruchuntersuchung erfolgte. Probleme der Studienfinanzierung führten für 19 % der Befragten zum Studienabbruch. Dahinter verbergen sich neben finanziellen Schwierigkeiten zunehmende Probleme, eine zur Finanzierung des Lebensunterhalts notwendige Erwerbstätigkeit und das Studium miteinander zu verbinden. Der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Helge Braun, sagt: "Durch Verbesserungen beim BAföG und den Aufbau eines nationalen Stipendienprogramms werden wir in den kommenden Jahren entscheidend zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der Studierenden beitragen. Finanzielle Gründe dürfen niemanden von der Aufnahme und dem Abschluss eines Studiums abhalten." Von ähnlich großer Bedeutung (18 %) wie die Studienfinanzierung ist das vorzeitige Beenden des Studiums aufgrund mangelnder Studienmotivation. Diese Studierenden haben sich mit falschen Erwartungen an die fachlichen Inhalte und die Bedingungen und Anforderungen des Studiums immatrikuliert. Die genannten drei Motive geben den Ausschlag für mehr als zwei Drittel aller Studienabbrüche. Vermehrt kommt es auch zum Studienabbruch aufgrund unzureichender Studienbedingungen (12 % gegenüber 8 % im Jahr 2000). Abnehmende Bedeutung haben der Wunsch nach beruflicher Neuorientierung (10 %), familiäre Probleme (7 %) und Krankheit (4 %) als Gründe für den Studienabbruch.
Betrachtet man nur die Studienabbrecher in den Bachelor-Studiengängen, kommt es überdurchschnittlich häufig zum Studienabbruch aufgrund von ungenügenden Studienleistungen. Auch die Motive einer mangelnden Studienmotivation und unzureichender Studienbedingungen haben im Bachelorstudium an Bedeutung gewonnen. Deutlich weniger Studienabbrecher als in den traditionellen Studiengängen verlassen die Hochschule hingegen aus finanziellen Gründen.
Braun forderte speziell auch die Fachhochschulen auf, die Studiengänge für die volkswirtschaftlich wichtigen MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und die Wirtschaftswissenschaften studierbarer zu machen: "Es ist nicht zielführend, die Studieninhalte der früheren Diplomstudiengänge einfach unverändert in die kürzeren Bachelorstudiengänge zu übernehmen. Die Hochschulen müssen die Studieninhalte entsprechend anpassen, damit der Bologna-Prozess funktioniert. Wo Korrekturen notwendig sind, müssen sie auch vorgenommen werden."
Die Studie zeigt ferner, dass es im Vergleich zu den traditionellen Studiengängen auch zu einer zeitlichen Verlagerung kommt: Der Studienabbruch erfolgt in den Bachelor-Studiengängen zu einem erheblich früheren Zeitpunkt. Während in den herkömmlichen Studiengängen die Studienabbrecher nach durchschnittlich 7,3 Fachsemestern die Hochschule verlassen, ist dies in den Bachelor-Studiengängen nach durchschnittlich 2,3 Fachsemestern der Fall. "Wo der frühe Studienabbruch mit steigenden Abbruchquoten einhergeht, scheitern im Bachelorstudium offensichtlich mehr jener Studierenden schon beim Studieneinstieg, denen es in den bisherigen Diplom- oder Magisterstudiengängen gelungen ist, nach einer unter Umständen längeren Einstiegsphase noch im Studium Fuß zu fassen und erfolgreich einen ersten Hochschulabschluss zu erwerben", kommentiert Projektleiter Ulrich Heublein von der HIS GmbH die Ergebnisse der Studie.
HIS GmbH/BMBF/KP