06.08.2008

Verfilmte Proteinfaltung

Mit einer neuen Spektroskopie-Methode lässt sich das Schauspiel der Proteinfaltung in Wasser in Echtzeit beobachten.

Mit einer neuen Spektroskopie-Methode lässt sich das Schauspiel der Proteinfaltung in Wasser in Echtzeit beobachten.

Das Schauspiel der Proteinfaltung in Wasser haben Chemiker um Martina Havenith-Newen und Martin Gruebele jetzt erstmals im THz-Bereich "verfilmt": Mit der neu entwickelten KITA-Spektroskopie (Kinetic Terahertz Absorption Spectroscopy) konnten sie den Prozess mit einem Bild pro Millisekunde auflösen. Außerdem wurden andere biophysikalische Methoden wie Röntgenstreuung, Fluoreszenzspektroskopie und CD-Spektroskopie zum Vergleich eingesetzt. Dabei beobachteten sie, dass die Faltung in zwei Schritten abläuft: In einem sehr schnellen ersten Schritt kollabiert das Protein binnen weniger als zehn Millisekunden, während gleichzeitig eine Umorientierung im Protein-Wassernetzwerk stattfindet. In einem zweiten, langsameren Schritt nach knapp einer Sekunde nimmt das Protein dann die endgültige, gefaltete Struktur ein. Bisher waren mit der THz-Spektroskopie nur Aufnahmen vom Beginn und vom Ende dieses Faltungsprozesses möglich. "Jetzt erst sehen wir sozusagen das ganze Stück und nicht mehr nur die Eröffnungsszene und den Schlussapplaus", verdeutlicht Prof. Havenith. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Angewandte Chemie veröffentlicht.

Proteine ordnen das Wasser
Aus ihren vorangegangenen Arbeiten wussten die Forscher aus Bochum und der University of Illinois, dass Proteine das Wasser in ihrer Umgebung stark beeinflussen: Im unbeeinflussten Wasser werden die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den einzelnen Molekülen ca. alle 1,3 Picosekunden geöffnet und geschlossen - es herrscht ziemliche Unordnung. Schon kleine Konzentrationen von Proteinen bringen die Wassermoleküle allerdings mehr auf Linie: Die dynamischen Bewegungen des Wassernetzwerkes werden durch das Protein verändert. Bekannt war ebenfalls, dass gefaltete Proteine einen deutlich anderen Einfluss auf die Wassermoleküle ausüben als ungefaltete. Die KITA-Spektroskopie erlaubte jetzt erstmals Einblicke in die Zeit zwischen diesen beiden Zuständen.

Wasser und Protein sind stark gekoppelt
Bei der KITA-Spektroskopie werden kurze Terahertz-Pulse ausgesandt, die in Millisekundenauflösung Einzelbilder des beobachteten Prozesses liefern. Die Chemiker starteten den Proteinfaltungsprozess und zeichneten dann die Geschehnisse auf. Es zeigte sich, dass schon binnen weniger als zehn Millisekunden sowohl die Bewegungen des Wassernetzwerks verändert waren, als auch das Protein sich umstrukturierte. "Diese beiden Prozesse laufen praktisch gleichzeitig ab", so Martina Havenith-Newen, "sie sind stark aneinander gekoppelt." Diese Beobachtung unterstützt die noch umstrittene Annahme, dass das Wasser an der Proteinfaltung, und somit auch an der Proteinfunktion, erheblich beteiligt ist und nicht passiv bleibt. Erst dann findet im Protein ein zweiter wesentlich langsamerer Schritt (über einen Zeitraum von 0,9 Sekunden) statt, bei dem es die endgültige, gefaltete Struktur einnimmt.

Die Arbeiten wurden durch das Human Frontier Science Programme (HFSP) finanziert. Martin Gruebele war als Friedrich-Wilhelm Besselpreisträger der Alexander von Humboldtstiftung an der Fakultät für Chemie der RUB.

Quelle: RUB

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