Verhinderung von Kondensstreifen mit der richtigen Flughöhe
Eisübersättigte Regionen und Wolken werden in einem vertikalen Abstand von bis zu 600 Metern über- oder unterflogen.
Zwei Drittel der Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima sind auf Nicht-CO2-Effekte von Flugzeugen zurückzuführen. Dabei spielt die Vermeidung von Kondensstreifen eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung des Klimawandels. Seit Anfang 2021 führte das Maastricht Upper Area Control Centre MUAC von Eurocontrol in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt einen weltweit ersten Live-Betriebsversuch zur Vermeidung von Kondensstreifen durch, um die Nicht-CO2-Effekte zu verringern. Im Versuch wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres insgesamt 209 Flugbahnen einbezogen.
Die Probeläufe wurden an ausgewählten Terminen, nach 18 Uhr Ortszeit und in der Nacht durchgeführt. Zu diesen Zeiten ist die wärmende Wirkung von Kondensstreifen und den resultierenden Kondensstreifen-Zirren besonders ausgeprägt. Ein Planer-Team von MUAC und DLR interpretierte die Wettervorhersage hinsichtlich eisübersättigter Regionen und Wolken und gab den Fluglotsen Anweisungen, diese Gebiete für Kondensstreifenbildung in einem vertikalen Abstand von bis zu 600 Metern zu über- oder zu unterfliegen. Die Forscher bereiten damit operationelle Verfahren zur Kondensstreifenvermeidung für zukünftige Routine-Einsätze vor. Anhand vom DLR bereitgestellter Satellitenbilder wird der Erfolg der Kondensstreifenvermeidung bis zum Abschluss des Projekts Ende des Jahres überprüft.
„Die Versuchsreihe zeigt uns, dass es prinzipiell möglich ist, beim realen Flugverkehr klimafreundlichere Routen und Höhen zu nutzen“, sagt Robert Sausen vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. „Das Experiment macht deutlich, welche technischen und operationellen Herausforderungen zu meistern sind, wenn man derartige Maßnahmen im größeren Umfang durchführen möchte.“ Während der Versuchsreihe bewerteten die Forscher die technische Machbarkeit der Kondensstreifenvermeidung mittels Flugführungsmaßnahmen, die Genauigkeit der Wettervorhersagen zu eisübersättigten Regionen sowie die betriebliche Umsetzbarkeit bei bestimmten Verkehrsbelastungen.
Andere Mittel zur Vermeidung von eisübersättigten Regionen, wie prätaktische Planung, seitliche Ausweichmanöver oder Änderungen am Flugzeugdesign, waren nicht Gegenstand dieses Forschungsprojekts. Flugzeuge, die Reiseflughöhen oberhalb oder unterhalb der vorhergesagten eisübersättigten Regionen anforderten, wurden im Steig- oder Sinkflug durch diese Regionen geleitet. Hier kann zukünftig auch ein modifizierter Ansatz vorgeschlagen werden. Die Forscher sind zuversichtlich, dass die Ergebnisse der MUAC/DLR-Versuchskampagne dazu beitragen, die Luftfahrt zukünftig klimafreundlicher zu gestalten.
Flugzeugtriebwerke stoßen Wasserdampf und Rußpartikel aus. Der emittierte Wasserdampf führt bei passenden atmosphärischen Bedingungen zur Bildung von Kondensstreifen, die am Himmel sichtbar werden. Bei passender Feuchte der Atmosphäre können diese Kondensstreifen langlebig sein und werden so als Kondensstreifen-Zirren am Himmel sichtbar. Die emittierten Rußpartikel, die als zusätzliche Kondensationskeime wirken, verändern Größe und Anzahl der Eispartikel in einem Kondensstreifen und beeinflussen so deren Lebensdauer und Strahlungswirksamkeit. Kondensstreifen-Zirren können je nach Sonnenstand und Untergrund lokal eine wärmende oder kühlende Wirkung entfalten. Dabei zeigen Forschungsarbeiten, dass global die wärmende Wirkung überwiegt. Das Auftreten dieser Wolken ist zeitlich und räumlich äußerst variabel, so dass einige wenige Kondensstreifen-Hotspots für einen großen Teil der wärmenden Wirkung verantwortlich sind. Diese zu vermeiden, zeigt ein großes Potenzial für das klimafreundliche Fliegen von Morgen.
DLR / RK
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