Verkettete Mikroroboter
Pfiffige Verknüpfung von Metallen und Polymere für winzige Blutbahnfähren.
Roboter, so winzig, dass sie sich durch unsere Blutgefäße bewegen und Medikamente im Körper an bestimmte Stellen bringen – dies ist ein Forschungsziel, dass Wissenschaftler seit Jahren verfolgen. Forscher der ETH Zürich ist es nun gelungen, erstmals solche Mikromaschinen zu bauen, die aus Metall und Kunststoff bestehen. Dabei sind diese beiden Materialien wie die Glieder einer Kette miteinander verknüpft. Möglich ist dies dank einer von ihnen entwickelten neuen Herstellungstechnik.
„Metalle und Polymere haben unterschiedliche Eigenschaften, und beide Materialien bieten Vorzüge beim Bau von Mikromaschinen. Um alle diese Eigenschaften gleichzeitig nutzen zu können, wollten wir die beiden Materialien kombinieren“, sagt Carlos Alcântara, ehemaliger Doktorand in der Gruppe von Salvador Pané am Institut für Robotik und Intelligente Systeme. In der Regel werden Mikromaschinen von außerhalb des Körpers mit Magnetfeldern angetrieben. Dazu müssen in die Mikromaschinen magnetische Metallteile eingebaut werden. Polymere wiederum haben den Vorteil, dass sich damit weiche und bewegliche Teile konstruieren lassen oder solche, die sich im Körperinnern auflösen. Werden Medikamente in solche auflösbaren Polymere eingebettet, lassen sich an bestimmten Körperstellen gezielt Wirkstoffe freisetzen.
Die neue Herstellungsmethode basiert auf der hochpräzisen 3D-Lithographie, mit der sich komplexe Gegenstände im Mikrometermaßstab herstellen lassen. Die Wissenschaftler haben mit dieser Technik für ihre Mikromaschinen eine Art Gussformen hergestellt. Letztere haben dünne Kanäle, die als Negativ dienen und mit dem entsprechenden Material gefüllt werden. Mittels elektrochemischer Abscheidung füllen die Ingenieure die einen Kanäle mit Metall, andere füllen sie mit Polymeren aus. Zum Schluss wird die Gussform mit Lösungsmitteln aufgelöst. „Wir konnten diese Methode entwickeln, weil in unserer interdisziplinären Gruppe Elektroingenieure, Maschineningenieure, Chemiker und Materialwissenschaftler eng zusammenarbeiten“, sagt Doktorand Fabian Landers.
Als Machbarkeitsnachweis von ineinander verwobenen Mikromaschinen stellten die Ingenieure verschiedene winzige Vehikel mit Kunststoff-Chassis und magnetischen Metallrädern her, die sich über ein rotierendes Magnetfeld antreiben lassen. Darunter sind solche, die sich auf einer Glasoberfläche fortbewegen lassen, und andere, die – je nach verwendetem Polymer – in Flüssigkeit oder an einer Flüssigkeitsoberfläche schwimmen können.
Die Wissenschaftler werden ihre Zwei-Komponenten-Mikromaschinen nun weiterentwickeln und mit weiteren Materialien experimentieren. Außerdem werden sie versuchen, komplexere Formen und Maschinen herzustellen, auch solche, die sich zusammenfalten und auffalten können. Neben wirkstoffausschüttenden Fähren gehören zu künftigen Anwendungsmöglichkeiten Mikromaschinen, mit denen Aneurysmen behandelt oder andere Operationen durchgeführt werden können. Ein weiteres Forschungsziel sind auffaltbare Stents, welche mit Magnetfeldern an den gewünschten Ort gebracht im Körper werden können.
ETHZ / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. C. J. Alcântara et al.: Mechanically interlocked 3D multi-material micromachines, Nat. Commun. 11, 5957 (2020); DOI: 10.1038/s41467-020-19725-6 - Institut für Robotik und Intelligente Systeme, ETH Zürich