03.09.2018

Verlässliche Haftung

Clevere Kombination von harten und weichen Materialien ver­bessert Haftung auf rauen Ober­flächen.

Wenn Bauteile in der Industrie rückstandslos hin und her bewegt werden, ist Haftung im Spiel. Die Ober­flächen solcher Objekte sind jedoch nie zu hundert Prozent glatt. Selbst Ober­flächen, die für das mensch­liche Auge glatt aus­sehen, sind meist mikro­sko­pisch rau. Damit das Haften auch auf solchen rauen Ober­flächen ver­läss­lich klappt, haben Wissen­schaftler am Leibniz-Institut für neue Materi­alien INM ein neue Haft­struktur ent­wickelt: Darin kombi­nierten sie harte und weiche Materi­alien. Sie stellten fest, dass diese Material­kombi­nation deut­lich besser auf rauen Ober­flächen haftet, als solche Struk­turen, die nur aus einem weichen Material gefertigt sind. Damit lassen sich nicht nur indus­trielle Hand­ling-Prozesse ver­bessern und sicherer machen. Die Materi­alien sind auch viel­ver­sprechend für Anwen­dungen auf der Haut, wie zum Beispiel für selbst­haftende Wund­ver­schlüsse oder Wearables.

Abb.: Die Haftung auf rauen Oberflächen wird deut­lich durch die Kombi­nation zweier Materi­alien ver­bessert. Das Modell im Groß­maß­stab zeigt das Prinzip und die Struk­turen, bei denen weiche Materi­alien (gelb) auf härtere Materi­alien auf­ge­bracht werden. (Bild: I. Maurer, INM)

Für ihre Untersuchungen entwickelten die Forscher zwei Milli­meter große Säulen als Modell­system und brachten diese mit rauen Ober­flächen in Kontakt. Die gemessene Kraft, die benötigt wird, um die Säule wieder abzu­lösen, ist das Maß für die Haftung. „Wir ver­wen­deten Säulen, die aus einem harten Material bestehen und deren Ende mit einem weichen Kunst­stoff über­zogen ist. Für das Ablösen dieser Säule benötigten wir die fünf­fache Kraft im Ver­gleich zu einer Säule, die nur aus dem weichen Material besteht. Sie haftet also deutlich besser“, erklärt René Hensel vom INM.

Bei den Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass die Haftung umso besser ist, je weicher und dünner der Über­zug am Säulen­ende ist. „Je weicher das Material ist, umso besser kann es sich der rauen Ober­fläche anpassen. Dass die Haftung stärker ist je dünner der Über­zug ist, hängt mit der ver­zögerten Riss­bildung im Kontakt zusammen: Wenn ein Riss ent­steht, löst sich die Haft­struktur von der Ober­fläche ab. Diese Riss­bildung ver­zögert sich, weil Spannungs­spitzen ver­ringert werden. Deshalb treten der Riss und das Ablösen erst bei höherer Belas­tung auf. Dieser Effekt ist erstaun­licher­weise umso stärker, je dünner der Über­zug ist“, sagt Hensel. Auch die Form, wie die beiden unter­schied­lich harten Materi­alien kombi­niert werden hat, einen Ein­fluss auf das Haft­ver­mögen: Eine abge­rundete Grenz­fläche zwischen beiden sorgt für eine bessere Haftung. Dabei ver­ändere sich die Riss­bildung eben­falls.

Gleichzeitig muss die Dicke des weichen Überzugs zur Größe der Rauig­keit passen. „Bei einer Raufaser-Tapete ist die Rauig­keit zum Beispiel viel gröber als bei Haut­ober­flächen. Damit die Haftung auf Raufaser funk­tio­niert, muss der weiche Über­zug also viel dicker gewählt werden, als für die Haftung auf Haut“, sagt Hensel. Und für die Haftung auf Haut inte­res­sieren sich die Forscher mit Blick auf Wearables und Wund­ver­sorgung ganz besonders.

INM / RK

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