25.09.2006

Verschränkte Quantenbits teleportiert

Erstmals ist die Teleportation eines zusammengesetzten Quantenzustands gelungen.



Erstmals ist die Teleportation eines zusammengesetzten Quantenzustands gelungen.

Dass man Quantenzustände teleportieren, also über große Entfernungen hinweg direkt übertragen kann, ist eine recht neue Erkenntnis, die auf eine Arbeit von Charles Bennett u. a. zurückgeht. Dabei muss der zu übertragende Zustand nicht einmal bekannt sein. Inzwischen hat man einzelne Quantenbits (oder Qubits) teleportiert, zunächst innerhalb eines Labors, dann innerhalb eines Gebäudes und schließlich über eine Distanz von 600 Metern hinweg von einem Ufer der Donau zum anderen. Jetzt haben Wissenschaftler um Jörg Schmiedmayer und Jian-Wei Pan von der Universität Heidelberg zwei Qubits teleportiert, die in einem verschränkten Zustand waren.

Für die Teleportation eines Qubits müssen der Sender („Alice“) und der Empfänger („Bob“) sich zunächst ein Paar verschränkter Hilfs-Qubits teilen. Ein Qubit lässt sich z. B. als Polarisationszustand eines Photons speichern. Für die beiden verschränkten Hilfs-Qubits kann man Photonenpaare mit dem Polarisationszustand |H, H> + |V, V> nehmen, wobei H (V) für horizontale (vertikale) Polarisation steht. Alice führt an ihrem Hilfs-Qubit und an dem zu teleportierenden Start-Qubit eine gemeinsame Messung (eine „Bell-Messung“) durch, die diese beiden Qubits verschränkt. Dann teilt Alice das Messresultat Bob mit. Je nach dem Ergebnis unterwirft Bob sein Hilfs-Qubit, dessen Zustand ihm unbekannt ist, einer vorher festgelegten (reversiblen) Transformation. Läuft alles planmäßig, dann hat Bobs Hilfs-Qubit schließlich den ursprünglichen Wert von Alices Start-Qubit und die Teleportation ist abgeschlossen.

Will man zwei verschränkte Qubits teleportieren, so benötigt man zwei Paare von verschränkten Hilfs-Qubits, also insgesamt sechs paarweise verschränkte Qubits. Um eine Paar-Teleportation mit Photonen durchzuführen, muss man also sechs paarweise verschränkte Photonen produzieren, sie Alice und Bob zur Verfügung stellen und die Teleportation beendet haben bevor Umwelteinflüsse die Verschränkung der Photonen zerstören können. Das ist den Heidelberger Forscher jetzt gelungen. Sie haben intensive ultraviolette Laserpulse durch Bariumboratkristalle laufen lassen, wobei aufgrund von nichtlinearen optischen Effekten einige Zehntausend verschränkte Photonenpaare pro Sekunde erzeugt wurden. Drei solcher Paare gleichzeitig entstanden etwa alle sechs Sekunden. Verglichen mit früheren Experimenten ist das eine rund hundertfach bessere Ausbeute.

Das erste Photonpaar (1,2) wurde in den Start-Zustand gebracht, der teleportiert werden sollte. Die Forscher erprobten ihre Teleportationskünste an drei verschiedenen Start-Zuständen. Die beiden ersten waren nicht verschränkt, nämlich Zustand A = |H, V> bzw. B = |H+V, H–iV>, wobei „H+V“ linear polarisiert längs der Winkelhalbierenden zwischen H und V bedeutet, und „H–iV“ zirkulare Polarisation bezeichnet. Der dritte Zustand C = |H, V> – |V, H> war verschränkt. Die beiden anderen verschränkten Photonenpaare (3,4) und (5,6) wurden auf Alice und Bob verteilt.

Die Paar-Teleportation lief dann so ab: Zuerst machte Alice an den Photonen 1 und 3 eine Bell-Messung und teilte Bob das Ergebnis mit. Bob führte daraufhin eine geeignete Transformation der Polarisation von Photon 5 durch. Damit war der Start-Zustand von den Photonen 1 und 2 auf die Photonen 5 und 2 übergegangen. Dann machte Alice eine Bell-Messung an den Photonen 2 und 4 und teilte Bob wiederum das Resultat mit, der daraufhin die Polarisation von Photon 6 transformierte. Damit war der Start-Zustand von den Photonen 5 und 2 auf die Photonen 5 und 6 übergegangen. Die Teleportation war somit abgeschlossen.

Doch nicht jedes erzeugte Photonensextett eignete sich für eine Teleportation: Die Forscher mussten ihr Experiment 60 Stunden laufen lassen, um etwa 100 Teleportationen zu registrieren. Diese Ausbeute sollte sich jedoch noch wesentlich verbessern lassen. Ein Vergleich des Start-Zustands mit dem teleportierten Zustand zeigte, dass die nichtverschränkten Zustände A und B zuverlässiger übertragen wurden als der verschränkte Zustand C. Die Übertragungsgüte (Fidelity) lag mit 0,86±0,03 (A), 0,75±0,02 (B) bzw. 0,65±0,03 (C) deutlich über der Grenze von 0,40, die einem völligen Verlust des Start-Zustandes bei der Teleportation entspricht. In diesem Sinne war die Übertragung in allen drei Fällen erfolgreich.

Die Forscher weisen darauf hin, dass sich die zwei Qubits sowohl vor als auch nach der Paar-Teleportation an verschiedenen Orten befinden können. Diese nichtlokale Verteilung und Zusammenführung von Qubits eröffnet neue Möglichkeiten für die Quantenkommunikation, den Quantencomputer und für Quantenkorrekturverfahren.

Rainer Scharf

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