28.02.2012

Verteilungskampf statt Wettbewerb?

Innsbrucker Physiker bemängeln eine Schieflage der österreichischen Forschungsförderung.

Große Summen für die Wissenschaft sind eigentlich eine gute Nachricht. In Österreich haben der Bund sowie das Land Niederösterreich zugesagt, für die Jahre 2017 bis 2026 rund 1,4 Milliarden Euros für das Institute for Science and Technology (IST Austria) bereitzustellen. Ein positives Zeichen, wenn man bedenkt, dass die österreichische Wissenschaft noch 2009 in einer Krise steckte, bei der eine Kürzung des Wissenschaftsbudgets um 40 Prozent und sogar ein Ausstieg Österreichs beim CERN drohte.

Budgetkürzung und Austritt konnten jedoch abgewendet werden, dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) standen schließlich sogar 15 Prozent mehr Mittel zur Verfügung. Im Juni 2009 wurde zudem IST Austria eröffnet, das sich in erster Linie der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften sowie der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern widmen soll. Als Vorbild für das IST Austria dienten internationale Elite-Einrichtungen wie das Weizmann-Institut in Israel oder die ETH Zürich.

Das österreichische Institut for Science and Technology befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Landesnervenklinik in Maria Gugging nahe Wien. (Bild: IST Austria)

Die zugesagte „Forschungsmilliarde“ für IST Austria stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung unter Wissenschaftlern. Die Physik-Professoren der Universität Innsbruck haben dazu am 26. Februar einen offenen Brief veröffentlicht. Darin erkennen sie zwar an, dass das noch junge IST eine solide Basisfinanzierung und Planungssicherheit braucht, gleichzeitig sehen sie „in der österreichischen Forschungslandschaft nun aber eine dramatische Schieflage erreicht“, die sie „als in Österreich erfolgreich tätige Wissenschaftler nicht akzeptieren“ könnten.

Die Unterzeichner des offenen Briefs, darunter Peter Zoller, Rainer Blatt, Hans Briegel und Rudolf Grimm, betonen: „Gerne würden wir mit einer Institution wie IST Austria langfristig in einen fairen und gesunden Wettbewerb treten, doch dafür stehen die überaus großzügigen Zusagen an IST Austria in zu großem Widerspruch zur sonstigen Unterfinanzierung der Universitäten und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.“ Die „Misere der österreichischen Universitäts- und Wissenschaftslandschaft“ bedrohe die Erfolge der Innsbrucker Physik, die in Kollaboration mit dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI), einem Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, international erfolgreich sei. So leide die Laborinfrastruktur eklatant unter dem Zustand der Gebäude, und es fehle an Räumen für Nachwuchswissenschaftler. Von langfristiger Planungssicherheit könne daher nicht die Rede sein.

Die Innsbrucker Physiker befürchten, dass Universitäten und Forschungsinstitutionen in Österreich im Vergleich zum IST ins Hintertreffen geraten könnten, wenn es um die Verteilung der Finanzmittel gehe. Dazu würde auch die chronische Unterfinanzierung des Wissenschaftsfonds FWF beitragen, wegen der eine vorbereitete Exzellenzinitiative auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist.

In ersten Reaktionen wies der österreichische Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle gegenüber dem ORF die Kritik einer ungerechtfertigten Bevorzugung des IST als „kleinliche Gegenrechnung“ zurück, wohingegen der Präsident des Österreichischen Wissenschaftsrats, Jürgen Mittelstraß, „angesichts der Unterdotierung der Unis“ von einer „ziemlichen Asymmetrie“ sprach.

Universität Innsbruck / Alexander Pawlak

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