Verwirbeltes Licht
Lichtfelder nehmen dank plasmonischer Skyrmionen-Taschen eine ungewöhnliche Struktur an.
Einer Arbeitsgruppe der Universität Stuttgart ist es erstmals gelungen, Licht durch die Wechselwirkung mit einer Metalloberfläche so zu manipulieren, dass es völlig neue Eigenschaften zeigt. „Mit unseren Ergebnissen fügen wir dem noch jungen Gebiet der Skyrmionen-Forschung ein weiteres Kapitel hinzu“, erklärt Harald Gießen, Leiter des 4. Physikalischen Instituts an der Universität Stuttgart, in dessen Arbeitsgruppe der Erfolg gelang. Das Team lieferte den Nachweis für Skyrmionen-Taschen aus Licht an der Oberfläche einer Metallschicht.

Skyrmionen sind eine mathematische Beschreibung für wirbelartige Strukturen, um grundlegende physikalische Zusammenhänge besser verstehen zu können. Die experimentelle Bestätigung dieses theoretischen Konzepts gelang in den vergangenen Jahren bereits auf sehr unterschiedlichen Gebieten, unter anderem in magnetischen Festkörpern und an Materialoberflächen.
Die Stuttgarter Arbeitsgruppe untersuchte nun, ob sie Licht, das auf die strukturierte Oberfläche einer dünnen Goldschicht fällt, dazu bringen kann, sich wie Skyrmionen-Taschen zu verhalten, die bestimmten Symmetrien gehorchen. Diese Taschen bestehen aus Skyrmionen, die sich in einem größeren Skyrmion befinden. Für ihr Experiment brachten die Beteiligten feine Furchen in der Form zweier verdrehter Sechsecke auf die Goldoberfläche auf, wobei jedes dieser Sechsecke ein Skyrmionen-Lichtfeld erzeugt.
„Daraufhin beobachteten wir eine Überlagerung von zwei Skyrmionen-Lichtfeldern, aus der sich die Skyrmionen-Taschen bildeten“, bemerkt Julian Schwab, Erstautor der Veröffentlichung und Doktorand in Gießens Arbeitsgruppe. Mehr noch: Abhängig davon, wie weit die Forscher die Lichtfelder gegeneinander verdrehten, konnten sie eine unterschiedliche Zahl von Skyrmionen in diesen Skyrmionen-Taschen versammeln. Mit anderen Worten: Sie konnten Lichtfelder gezielt manipulieren, ihnen Formen verleihen, wie sie für gewöhnlich nicht vorkommen. Für den experimentellen Nachweis kooperierte das Stuttgarter Team mit einer Arbeitsgruppe der Universität Duisburg-Essen, für die theoretische Beschreibung des Phänomens mit einer Arbeitsgruppe des Technion in Haifa.
Bislang ist das alles noch Grundlagenphysik. Aber diese Lichtfeld-Skyrmionen zeigen außergewöhnliche Eigenschaften – was natürlich auch die Fantasie der Forscher im Hinblick auf eine mögliche technische Nutzung anregt. Ob allerdings die Goldschicht, die die Stuttgarter Arbeitsgruppe verwendete, sich dafür eignet, ist noch nicht erforscht. „Wenn es jemandem gelingt, ein passendes Material zu finden, ließe sich das von uns demonstrierte Konzept in der Mikroskopie ausnutzen“, sagt Gießen. Dann könnte es möglich werden, mit speziellen Mikroskopen so hohe Auflösungen zu erreichen, wie sie allein aufgrund der Wellenlänge des verwendeten Lichts eigentlich unmöglich wären.
U. Stuttgart / DE