21.01.2014

Viel Bewegung in der Milchstraße

Verschmelzungen mit anderen Sternsystemen spielen wichtige Rolle bei der Entwicklung unser Heimatgalaxie.

Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Ivan Minchev vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) hat einen Weg gefunden, die Entstehungsgeschichte der Milchstraße in neuer Detailtiefe zu rekonstruieren. Maßgeblich dafür ist die Untersuchung eines Datensets von Sternen im Umkreis der Sonne. Die Astronomen untersuchten wie die Bewegung von Sternen senkrecht zur galaktischen Scheibe von ihrem Alter abhängt. Da eine direkte Bestimmung des Alters von Sternen schwierig ist, analysierten sie zunächst die chemische Zusammensetzung der Sterne: Das Verhältnis von Magnesium zu Eisen weist auf ein hohes Alter hin. Für Ihre Studie nutzte Minchevs Team hochaufgelöste Daten des Radial Velocity Experiments (RAVE) über Sterne im weiteren Umkreis der Sonne. Wie die Wissenschaftler feststellten, triggt die Faustformel „je älter ein Stern ist, desto schneller bewegt er sich senkrecht zur galaktischen Scheibe" nicht für Vertreter mit dem höchsten Magnesium-Eisen-Verhältnis zu. Bei diesen ist ganz im Gegenteil ein extremer Abfall der vertikalen Geschwindigkeit zu beobachten.

Abb.: Die Galaxie-Simulation zeigt drei Stufen der Evolution zur Modellierung der Milchstraße. (Bild: AIP)

Die Wissenschaftler verglichen daraufhin die Beobachtungsdaten mit astronomischen Simulationen. Eine Erklärung für ihre Beobachtungen fanden sie in „Merger-Effekten“, bei denen die Milchstraße kleinere Galaxien einfängt. Astronomen gehen von Hunderten solcher Kollisionen in der Entstehungsgeschichte der Milchstraße aus. Merger-Effekte wirken sich insbesondere auf die Sterne am Galaxienrand aus, da diese den Gezeitenkräften unmittelbar ausgesetzt sind. Dies führt zu einer Geschwindigkeitssteigerung der betroffenen Sterne und zu einer Erhöhung ihres Bewegungsradius senkrecht zur galaktischen Scheibe. Sterne, die sich eher im Zentrum der Milchstraße befinden, sind hingegen nur wenig beeinflusst und keiner zusätzlichen Bewegungsenergie ausgesetzt. Sie migrieren erst zeitversetzt, bedingt durch von Mergern ausgelöste Spiralkräfte, vom Galaxienzentrum weg Richtung Sonne und verfügen über eine vernachlässigbare senkrechte Bewegungsgeschwindigkeit. Dies erklärt warum wir heute Sterne im Umkreis der Sonne beobachten können, die zwar ein ähnliches Alter haben, sich in ihrer Geschwindigkeit jedoch stark voneinander unterscheiden.

Minchev erklärt: „Mit unseren Ergebnissen wird es möglich sein, die Entwicklung unserer Heimatgalaxie genauer als zuvor nachzuzeichnen und zwar indem wir uns anschauen, welche Sterne um uns herum sind und wie sich diese bewegen. Darüber können wir ableiten, welche Sterne wann und von wo ihren Weg vom Zentrum der Milchstraße in die äußere Galaxis angetreten haben. Dies verbessert unser Verständnis der Entwicklung unserer Milchstraße."

AIP / CT

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