07.12.2017

Vom Bit zum Trit

Spin-Crossover-Moleküle nutzen drei statt zwei Zustände zur Datenspeicherung.

Speicher­medien sind in den letzten Jahren konti­nuierlich kleiner geworden und erlauben, mehr Daten auf gleichem Raum zu speichern. Doch die Minia­turisierung der bisher verwendeten Techno­logie stößt nun auf funda­mentale quanten­mechanische Grenzen. Ein neuer Ansatz besteht darin, Spin-Crossover-Moleküle als kleinste Speicher­einheit zu verwenden. Ähnlich wie in herkömm­lichen Festplatten können sie Infor­mationen über ihren magne­tischen Zustand speichern. Die Heraus­forderung besteht darin, diese Moleküle auf Ober­flächen anzubringen, ohne ihre Speicher­fähigkeit zu zerstören. Das ist nun einem Forschungs­team der Christian-Albrechts-Univer­sität zu Kiel CAU gelungen. Es brachte nicht nur eine neue Klasse an Spin-Crossover-Molekülen erfolg­reich auf einer Oberfläche an, sondern konnte auch bisher als hinder­lich angesehene Wechsel­wirkungen nutzen, um ihre Speicher­kapazität zu erhöhen. Die Speicher­dichte herkömm­licher Festplatten ließe sich damit theoretisch um mehr als das Hundert­fache erhöhen und Daten­träger deutlich verkleinern.

Abb.: Die Aufnahmen aus dem Rastertunnelmikroskop zeigen die drei verschiedenen Zustände des Moleküls, die einem trinären Code zur Informationsverschlüsselung entsprechen: Im hohen magnetischen Zustand (li.), im niedrigen magnetischen Zustand mit näher zusammengerückten Atomen (Mi.) und mit ebenfalls niedrigem magnetischen Zustand, aber um 45 Grad gedreht. (Bild: M. Gruber, CAU)

Heute nimmt ein Bit auf der Fest­platte nur noch eine Fläche von ungefähr zehn mal zehn Nanometer ein. Für die zunehmende Minia­turisierung von Bauteilen ist das aber immer noch zu groß. „Die Techno­logie, die derzeit in Festplatten zur Daten­speicherung verwendet wird, trifft bei der Größe eines Bits auf eine quanten­mechanisch funda­mentale Grenze. Sie kann eine weitere Miniatu­risierung aus heutiger Sicht nicht leisten“, sagt Torben Jasper-Tönnies, Doktorand in der Arbeits­gruppe von Richard Berndt am Institut für Experi­mentelle und Angewandte Physik. Ein Prinzip, das in Zukunft doch noch kleinere Fest­platten mit größerer Speicher­kapazität ermöglichen könnte, zeigen er und seine Kollegen am Beispiel eines einzelnen Moleküls, mit dem ein Bit gespeichert werden kann. „Unser Molekül ist gerade einmal einen Quadrat­nanometer groß. Man könnte schon allein dadurch eine hundertmal kleinere Fläche zum Speichern eines Bits verwenden“, berichtet sein Kollege Manuel Gruber. Dies wäre ein weiterer Schritt, um quanten­physikalische Grenzen in der Speicher­technologie zu verschieben.

Das interdis­ziplinäre Forschungs­team verwendet dazu ein Molekül, das nicht nur zwischen einem hohen und einem niedrigen magne­tischen Zustand geschaltet werden kann. Angebracht auf einer speziellen Oberfläche lässt es sich dort außerdem um 45 Grad drehen. „Übertragen auf die Speicher­technologie könnten wir damit Infor­mationen auf drei Zuständen, also 0, 1 und 2, abbilden“, erklärt Jasper-Tönnies. „Als Speicher­einheit hätten wir damit kein Bit, sondern ein Trit realisiert.“ Aus dem binären würde also ein „trinärer Code“. Die Heraus­forderung der Wissen­schaftler bestand darin, ein passendes Molekül sowie eine geeignete Oberfläche zu finden und beides mit der richtigen Methode mit­einander zu verbinden. „Magne­tische Spin-Crossover-Moleküle, sind sehr empfindlich und können leicht zerstört werden. Wir mussten also einen Mittelweg finden, um das Molekül auf der Oberfläche fest anzu­bringen und gleich­zeitig seine Schalt­eigenschaft zu erhalten“, erklärt Gruber.

Abb.: Die Spitze des Rastertunnelmikroskops (gelb) übernimmt für das auf der Kupfernitridt-Oberfläche (schwarz) angebrachte Molekül die Funktion des Schreib- und Lesekopf einer Festplatte. (Bild: M. Gruber, CAU)

Am Ende gingen ihre Experi­mente auf: Chemiker aus der Arbeits­gruppe um Felix Tuczek am Institut für Anor­ganische Chemie stellten ein magne­tisches Eisen(III)-Spin-Crossover-Molekül her. Dieses Molekül ließ sich durch Aufdampfen gut mit einer Oberfläche aus Kupfer­nitrid verbinden. Per Strom lässt es sich nicht nur zwischen verschie­denen Spin-Zuständen, sondern auch zwischen zwei verschiedenen Orien­tierungen schalten. Die feine Spitze eines Raster­tunnelmikro­skops übernimmt in ihren Experi­menten die Funktion des Schreib- und Lesekopfs in der Festplatte. Mit seiner Hilfe lässt sich das Molekül als Speicher­medium nicht nur beschreiben, sondern über Strom auch auslesen.

Die prinzi­pielle Anwend­barkeit der Moleküle als Daten­speicher wurde mit Hilfe eines eher volu­minösen Raster­tunnelmikro­skops demonstriert. Bevor diese Moleküle wirklich als Daten­speicher für den indus­triellen Markt eingesetzt werden können, muss weiter geforscht werden, wie die Moleküle in einen kleinen Chip inte­griert werden können.

CAU Kiel / JOL

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