Vom Labor in die Luft
Laserbasierte Instrumente liefern exaktere und zuverlässigere Flugdaten.
Unter dem Begriff „Optical Air Data“ arbeitet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt daran, wichtige Flugdaten mit laserbasierten Verfahren zu bestimmen. Dazu zählen zum Beispiel Flughöhe, Geschwindigkeit sowie Steig- und Sinkrate. Dieser neue Ansatz ermöglicht es, Flugdaten zuverlässiger zu bestimmen und den Aufwand zum Einrichten und Abstimmen der Sensoren erheblich zu reduzieren. Ein weiterer Vorteil der Lasersensorik: Anhand des Messsignals lässt sich sofort erkennen, ob der Sensor richtig funktioniert. Das ist bei herkömmlichen Sensoren nicht immer der Fall. Beispielsweise können sie verschmutzt oder vereist sein und trotzdem einen Messwert liefern, der dann allerdings nicht korrekt ist. Bisher kommen in Flugzeugen oft noch mechanische Verfahren wie zum Einsatz, die sich seit Beginn der Luftfahrt wenig verändert haben.
Im April 2022 hat das Projektteam vom DLR-Institut für technische Physik mit Unterstützung des DLR-Instituts für Antriebstechnik und der DLR-Einrichtung Flugexperimente einen wichtigen Meilenstein erreicht: Zum ersten Mal hoben drei Instrumente an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs Falcon vom Flughafen Oberpfaffenhofen ab. Wie die seitdem ausgewerteten Daten zeigen, hat die vom DLR neuentwickelte Technologie ihren ersten Praxistest mit Erfolg bestanden.
Bei insgesamt sechs Flügen konnten die DLR-Forscher etwa zwanzig Stunden lang Daten sammeln und die Funktion der Sensoren beobachten. Dabei handelte es sich um ein Laser-Doppler-Anemometer, ein Streuungsmessgerät sowie ein Laser-Spektrometer. „Das Laser-Doppler-Anemometer misst die relative Windgeschwindigkeit. Es ermöglicht damit Aussagen, wie schnell man fliegt und in welchem Winkel zur Luftströmung“, erläutert Projektleiter Oliver Kliebisch. „Mit einem speziellen Lasersensor messen wir die gefilterte Rayleigh-Streuung, um so Aussagen über die Temperatur außerhalb des Flugzeugs zu erhalten. Und mittels Laserabsorptions-Spektroskopie können wir den Luftdruck und damit die Flughöhe bestimmen sowie Steig- und Sinkrate.“
Bei den ersten beiden Verfahren senden die Instrumente einen Laserstrahl in die Luft um das Flugzeug aus. Die Laser-Doppler-Anemometrie untersucht die Streuung des Laserstrahls durch die Partikel in der Luft. Die Analyse der Rayleigh-Streuung nutzt die Streuung des Laserstrahls durch die dortigen Moleküle. Beim dritten Verfahren schickt das Instrument einen Laserstrahl entlang des Flugzeugrückens und analysiert dann, wie stark die Sauerstoffmoleküle in der Atmosphäre diesen Laserstrahl absorbieren.
Bevor die Instrumente vom Labortisch in den Forschungsflieger durften, gab es einiges zu tun: Gemeinsam mit dem Entwicklungsbetrieb der DLR-Einrichtung Flugexperimente und dem Ingenieurbüro SII Deutschland legten die Wissenschaftler das Design der Experimente fest. Dafür mussten sie vor allem die Instrumente so verkleinern, dass diese in den Messregalen im Flugzeug Platz fanden. Unterschiede bei Temperatur und Druck sowie Vibrationen im Flug durften den neuen Sensoren nichts ausmachen. Gleichzeitig sollten die laserbasierten Messinstrumente nicht die Instrumente des Flugzeugs stören. Zusätzlich entwickelte das Team spezielle Anbauten für die Sensoren. Diese mussten für die Zulassung ausführlich dokumentiert, beschrieben und in einem separaten Flug erprobt werden.
Bei jedem Flug waren jeweils drei Mitglieder des Teams an Bord: Sie schalteten nach Freigabe durch das Cockpit die Instrumente ein, nahmen kleine Anpassungen vor, überwachten die Funktionsweise der Sensoren und die Aufzeichnung der Daten. Möglich sind solche Versuche nur in einem Luftkorridor, der von der Flugsicherung speziell freigegeben und für andere Flugzeuge gesperrt ist. Auch für die beiden Piloten war das eine besondere Kampagne. Denn die Sensorik gehört zum technologischen Kern eines jeden Flugzeugs. Einen komplett neuen Ansatz mit laserbasierten, also optischen Instrumenten zu testen, die wesentlich präzisere und verlässliche Angaben versprechen, ist auch für sie spannend.
„Wir haben bei den Flügen eine sehr große Menge an Daten gewonnen und gezeigt, dass das Prinzip dieser Technologie funktioniert“, bilanziert Kliebisch. Vor allem die Laser-Doppler-Anemometrie überzeugte auf Anhieb – auch in den Wolken und in sehr großen Höhen, wo es weniger Partikel in der Luft gibt, welche das Laserlicht streuen können. Auch mit den ersten Ergebnissen der Laserabsorptions-Spektroskopie zeigte sich das Team zufrieden. „Das Instrument hat gut funktioniert, die Flughöhe lässt sich auf diese Weise messen. Teilweise hatten wir noch etwas Probleme, wenn wir durch Wolken geflogen sind. Das wollen wir im nächsten Schritt genauer untersuchen“, so Kliebisch.
Nach der ersten Flugkampagne über dem Allgäu ist für Oktober die nächste Aktion geplant: Diese soll das Team in den Norden Deutschlands und auch übers Meer führen. So können sie die laserbasierten Verfahren bei möglichst unterschiedlichen Bedingungen testen. „Wir wollen die Technologie weiterentwickeln, noch genauer werden und die Miniaturisierung vorantreiben“, fasst Projektleiter Kliebisch die Ziele des Teams zusammen.
DLR / RK
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