13.01.2014

Vom Landgut in die Physik

Der Physik-Nobelpreisträger Wilhelm Wien wurde vor 150 Jahren am 13. Januar 1864 geboren.

Wilhelm Wien gilt als einer der letzten Physiker, die Theorie wie Experiment mit gleicher Meisterschaft beherrschten. Durch das von ihm entdeckte Verschiebungsgesetz ist sein Name auch heute noch allen Physikstudenten geläufig. Doch sein Weg in die Physik verlief alles andere als mühelos.

Sein Vater, Gutsbesitzer in Ostpreußen, hätte es gerne gesehen, dass sein 1864 geborener Sohn das elterliche Gut übernimmt. Wilhelm erhielt zunächst Privatunterricht und wechselte dann auf das Gymnasium, das er jedoch nach kurzer Zeit wegen großer Wissenslücken abrechen musste. Erst hervorragende Privatlehrer machten den jungen Wilhelm reif für die Rückkehr auf das Gymnasium.

Nach dem Abitur begann er zunächst ein nicht all zu viel versprechendes Studium der Naturwissenschaften in Göttingen. Dabei begeisterte ihn zunächst die Mathematik und nicht die Physik. Doch bereits nach dem ersten erfolglosen Semester kehrte Wilhelm nach Hause zurück, um zu einem benachbarten Gut in die Lehre zu gehen.

Auf Anraten des Lehrherrn hatten die Eltern ein Einsehen und ließen ihren Sohn in Heidelberg studieren, von wo er nach zwei Semestern nach Berlin wechselte. Hier hörte er Vorlesungen bei Hermann von Helmholtz und arbeitete in dessen Labor. Die reine Mathematik ließ er nun hinter sich, wandte sich der Physik zu und promovierte 1886. Die Aussicht, doch noch das elterliche Landgut übernehmen zu müssen, erledigte sich endgültig, als sein Vater das Gut nach einer Dürre verkaufen musste.

Mit seinem Eintritt in die 1887 gegründete Physikalisch-Technische Reichsanstalt nahm Wiens Karriere Fahrt auf. Im Rahmen der Bemühungen, die neu etablierte Einheit für die Lichtstärke zu realisieren, befasste er sich zunächst mit Strahlungsmessungen. Zusammen mit Otto Lummer entwickelte er den Schwarzen Strahler, eine entscheidendes Instrument, um die Gesetze der Wärmestrahlung experimentell genauer untersuchen zu können.

Auf dem Feld der Theorie entdeckte er das Verschiebungsgesetz, das angibt, bei welcher Wellenlänge ein schwarzer Körper bestimmter Temperatur die größte Strahlungsleistung abgibt. Sein 1896 aufgestelltes Strahlungsgesetz reproduzierte das Verschiebungsgesetz, galt jedoch nur im Bereich kleiner Werte des Produktes von Wellenlänge und Temperatur. Doch Wien ebnete damit den Weg zur Plancks endgültiger Strahlungsformel (1900) und damit zur Quantentheorie. Für seine Arbeiten zu Strahlungstheorie erhielt Wien 1911 den Nobelpreis für Physik.

Der Physik-Nobelpreisträger Wilhelm Wien (1864 – 1928) im Jahr 1911, als er...
Der Physik-Nobelpreisträger Wilhelm Wien (1864 – 1928) im Jahr 1911, als er den Physik-Nobelpreis erhielt. (Foto: Nobelprize.org)

Nach weiteren akademischen Stationen in Aachen und Gießen trat Wien 1900 die Nachfolge von Wilhelm Röntgen an der Universität Würzburg an, wo er zwanzig Jahre lehrte und forschte. Bereits in Aachen hatte er sich der Erforschung der Kanalstrahlen zugewandt. Ihm gelang es, deren Teilchennatur und ihre positive bzw. negative Ladung nachzuweisen.

1906 übernahm Wien zusammen mit Planck die Herausgeberschaft der „Annalen der Physik“. Sie traten damit die Nachfolge von Paul Drude an, der sich das Leben genommen hatte. Die beiden neuen Herausgeber prägten die Geschicke dieser bedeutenden Zeitschrift über mehr als zwei Jahrzehnte, in denen sich mit Einsteins Relativitätstheorien und der Entwicklung der modernen Quantenmechanik große Umwälzungen in der Physik vollzogen.

Wien beschränkte sich nicht nur auf die reine Forschung, sondern engagierte sich auch politisch. So gehörte er neben Kollegen wie Röntgen, Nernst, Lenard und Planck nach Beginn des Ersten Weltkriegs zu den 93 Mitunterzeichnern des „Aufrufs an die Kultur“, die damit ihre Verbundenheit zur deutschen Armee bekunden und den Vorwurf von deutschen Kriegsverbrechen bestreiten wollten. Dieser Aufruf wurde im Ausland sehr negativ aufgenommen. Wiens konservative und nationalistische Haltung zeigte sich auch in dem von ihm initiierte Aufforderung an seine deutschsprachigen Kollegen, nach Möglichkeit stets mehr deutsche als englische Arbeiten zu zitieren.

Ab 1914 setzte sich Wilhelm Wien federführend mit anderen Physikern dafür ein, die Deutsche Physikalische Gesellschaft, die bis dahin vor allem die Berliner Physiker repräsentierte, zu einer landesweiten Vereinigung zu machen. Der Beschluss zur einer Dezentralisierung der DPG wurde Jahr 1920 gefasst und Wien zum neuen Vorsitzenden gewählt.

1927 schrieb Wien in einem persönlichen Rückblick auf sein Leben: „Noch darf ich hoffen, eine Anzahl von Jahren der Wissenschaft dienen zu können. Mehr als 40 Jahre bin ich in ihr tätig und kann mir ein Leben ohne wissenschaftliche Arbeit nicht recht vorstellen.“ Wiens Wunsch auf weiteres wissenschaftliches Wirken blieb unerfüllt, er starb am 30. August 1928 in München unerwartet nach einer Operation.

Alexander Pawlak
 

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