09.12.2016

Vom Metall zum Isolator

Mott-Phasenübergang verdankt sich Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Atomgitter.

Nach einer Vorhersage von Sir Nevill Francis Mott im Jahr 1937 kann die gegenseitige Abstoßung der gleichnamig geladenen Elektronen, die für den Strom­transport verantwortlich sind, einen Metall-Isolator-Übergang verursachen. Doch entgegen der gängigen Lehrbuch­meinung, wonach dieser Phasen­übergang allein durch die Elektronen bestimmt wird, ist die Wechsel­wirkung der Elektronen mit dem Atomgitter des Fest­körpers entscheidend.

Abb.: Die gegenseitige Abstoßung der Elektronen sorgt dafür, dass sie engen Kontakt vermeiden. Dies behindert den Elektronenfluss, und das System kann zu einem Isolator werden. (Bild: U. Tutsch)

Der Arbeitsgruppe von Michael Lang vom Physikalischen Institut der Goethe-Universität gelang die Entdeckung mithilfe einer selbst entwickelten, weltweit einzig­artigen Technik. Sie ermöglicht es, Längen­änderungen eines Materials bei tiefen Temperaturen unter variablem äußerem Druck mit extrem hoher Auflösung zu vermessen. So konntem die Forscher erstmals experimentell nachweisen, dass neben den Elektronen auch das Atomgitter an diesem Phasen­übergang maßgeblich beteiligt ist.

„Diese experimentellen Ergebnisse werden einen Paradigmen­wechsel beim Verständnis eines der zentralen Phänomene aktueller Festkörper­forschung einleiten“, urteilt Lang. Der Mott-Metall-Isolator-Übergang wird nämlich mit außergewöhnlichen Phänomenen wie der Hoch­temperatur­supraleitung in Kupferoxid-basierten Materialien in Verbindung gebracht. Diese bieten ein enormes technisches Potenzial für zukünftige Anwendungen.

Die theoretische Analyse der experimentellen Befunde beruht auf der grund­legenden Erkenntnis, dass die vielen Teilchen eines Systems in der Nähe eines Phasen­übergangs nicht nur mit ihren unmittel­baren Nachbarn wechselwirken, sondern über große Abstände hinweg mit allen Teilchen kommunizieren. Dadurch spielen nur noch übergeordnete Aspekte wie die Symmetrie des Systems eine Rolle. Die Identifizierung solcher universeller Eigenschaften stellt daher den Schlüssel zum Verständnis von Phasen­übergängen dar.

„Die aktuellen Erkenntnisse eröffnen einen neuen Blick auf den Mott-Metall-Isolator-Übergang und erlauben eine verfeinerte theoretische Modellierung des Phasen­übergangs“, erklärt Markus Garst vom Institut für Theoretische Physik der Technischen Universität Dresden. Die Forschungs­arbeit wurde von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft im Rahmen des Transregio-Sonder­forschungs­bereichs „Condensed Matter Systems with Variable Many-Body Interactions“ unter Leitung von Michael Lang gefördert.

U. Frankfurt / DE

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