Vom Plasma zu Flüssigkeiten zu Festkörpern
Neuer Sonderforschungsbereich will Plasmakatalyse und plasmaunterstützte Elektrolyse technisch nutzbar machen.
Die Ruhr-Universität Bochum freut sich über einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB): Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert den SFB 1316 „Transiente Atmosphärendruckplasmen – vom Plasma zu Flüssigkeiten zu Festkörpern“ ab 1. Januar 2018. Sprecher wird Prof. Dr. Achim von Keudell, Inhaber des Lehrstuhls Experimentalphysik II.
Im Fokus des SFB stehen sowohl die Grundlagen von Prozessen in Plasmen und ihren Wechselwirkungen mit Flüssigkeiten und Oberflächen als auch die Übertragung der Ergebnisse in technische Anwendungen wie den Abbau von flüchtigen Kohlenwasserstoffen, die CO2-Umwandlung oder die Biokatalyse.
„Der neue Sonderforschungsbereich ist ein weiterer Beleg für die Exzellenz der Plasmaforschung an der Ruhr-Universität. Er setzt eine jahrzehntelange Tradition großer Verbundforschungsprojekte in diesem Wissenschaftsgebiet an unserer Universität fort. Ich gratuliere Achim von Keudell und allen, die an der Antragtellung beteiligt waren“, so Prof. Dr. Axel Schölmerich, Rektor der Ruhr-Universität Bochum (RUB).
In Nichtgleichgewichtsplasmen unterscheiden sich die Temperaturen verschiedener Arten von Plasmateilchen wie Elektronen, Ionen und Neutralteilchen deutlich. Nichtgleichgewichtsprozesse sind die Grundlage vieler Phänomene in der Natur wie Transport, Turbulenz, Anregung von Atomen und Molekülen sowie deren Abregung an Oberflächen. Wenn solche Plasmen in Kontakt mit Festkörpern oder Flüssigkeiten gebracht werden, kann sich der Nichtgleichgewichtscharakter auch übertragen.
Die Forscherinnen und Forscher des SFB konzentrieren sich dabei auf zwei prominente Beispiele: die Plasmakatalyse und die plasmaunterstützte Elektrolyse. Dabei werden an der Grenzfläche zwischen Festkörper und Gas beziehungsweise zwischen Festkörper und Flüssigkeit Moleküle wie Kohlenwasserstoffe oder CO2 umgewandelt.
„Plasmen ermöglichen die Realisierung von sehr flexiblen und skalierbaren Systemen, bei denen sich die Reaktionsprodukte gezielt steuern lassen. Ein gutes Beispiel dafür sind plasmachemische Vorgänge, die direkt an katalytisch aktive Oberflächen koppeln“, erklärt Achim von Keudell. Für die technische Anwendung ist es besonders günstig, Plasmen bei Atmosphärendruck zu nutzen, da sie sich gut mit Festkörpern und Flüssigkeiten koppeln lassen.
Solche Plasmen lassen sich durch hohe Gasflüsse oder durch kurze Anregungspulse herstellen, die für eine starke Kühlung bestimmter Teilchen sorgen. „Um die Eigenschaften der Plasmen für die Kombination mit der Katalyse und der Elektrolyse maßschneidern zu können, brauchen wir ein tieferes Verständnis der Nichtgleichgewichts-Atmosphärendruckplasmen“, so Achim von Keudell.
Fragen, die die Forscher umtreiben, sind zum Beispiel: Wie erfolgen Teilchen- und Energietransport auf der Nanosekundenskala? Wie wechselwirken diese Plasmen mit der Umgebung? Welche Rolle spielen katalytische Oberflächen für die Plasmachemie? Lassen sich katalytisch aktive Oberflächen direkt im Prozess regenerieren?
Um diese Fragen zu beantworten, werden im SFB Spezialisten aus Plasmaphysik, Oberflächenphysik und -chemie sowie Elektrotechnik und Biologie zusammenarbeiten. Das Forschungsprogramm verläuft in drei Phasen: vom Grundlagenverständnis über die optimale Integration der Plasmen mit katalytisch aktiven Oberflächen bis zur Hochskalierung dieser Plasmen. Beteiligt sind neben der RUB die Universität Ulm, die Technische Universität Brandenburg und das Fritz-Haber-Institut Berlin.
RUB / LK
Weitere Infos
- Sonderforschungsbereich SFB 1316: Transiente Atmosphärendruckplasmen – vom Plasma zu Flüssigkeiten zu Festkörpern
- Ruhr-Universität Bochum, Experimentalphysik II - Reaktive Plasmen
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