27.02.2015

Von Spinwellen bis Nanoreaktoren

Europäischer Forschungsrat fördert Projekte exzellenter Wissenschaftler.

Mit ERC Consolidator Grants fördert der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) Projekte exzellenter Wissenschaftler, deren Promotion zwischen sieben und zwölf Jahre zurückliegt. Die Fördergelder sollen den Forschern ermöglichen, ihre Laufbahn unabhängig weiterzuentwickeln. Voraussetzung für die Förderung ist ein exzellenter Forschungsvorschlag sowie eine wissenschaftliche Erfolgsbilanz. Die Förderungsdauer beträgt fünf Jahre.

Abb.: Martin Weides (Bild: KIT).

Martin Weides hat den insgesamt siebten ERC-Grant für das Karlsruher Institut für Technologie eingeworben. In seinem Projekt „Quanten Magnonics“ befasst er sich mit den dynamischen Prozessen im Innersten von Ferromagneten wie Eisen oder Kobalt. Um die physikalischen Vorgänge im atomaren Bereich zu erkunden, untersucht der Forscher Schichten dünner, nanometergroß strukturierter Materialfilme. Durch Experimente, die die konventionellen Messmethoden der klassischen Physik ergänzen und erweitern, hofft Weides unter anderem Abschwächung von Energie beim Durchlaufen des magnetisierten Materials besser zu verstehen. Im Fokus stehen dabei die Spins der einzelnen Elektronen. Ein Ziel des Projekts ist es, eine einzelne, von einem elektromagnetischen Impuls angeregte Spinwelle zu erzeugen. Von der Grundlagenforschung werden auch Erkenntnisse für den Einsatz magnetischer Materialien in der Datenverarbeitung erwartet, zum Beispiel für Speichermedien oder Logikelemente. Der ERC fördert das Projekt mit zwei Millionen Euro.

Abb.: Joachim Dzubiella (Bild: HZB).

Ebenso stehen Joachim Dzubiella vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energiezwei Millionen Euro zur Verfügung. In seinem neuen Forschungsvorhaben will Dzubiella die wichtigsten Prozesse modellieren, die in Nanoreaktoren ablaufen. Nanoreaktoren sind winzige Partikel, die in einer Flüssigkeit schweben und für vielfältige Anwendungen interessant sind, insbesondere für die Katalyse. Sie besitzen einen winzigen Kern aus einem Nanopartikel aus Gold oder einem anderen Edelmetall, der von einer dickeren Schale aus Hüllmolekülen umgeben ist. Diese Schale ist nun leicht durch äußere Parameter beeinflussbar, sie kann sich zusammenziehen oder ausdehnen, mehr oder weniger durchlässig werden, je nach Temperatur, Salzgehalt oder Lösungsmittel. Mit Hilfe von theoretischen Modellierungen möchte Dzubiella aufklären, was am Nanokern und in der Schale passiert, wenn sich äußere Parameter verändern. Dann sind auch Voraussagen möglich, wie sich die katalytische Wirkung solcher Nanoreaktoren präzise steuern ließe, beispielsweise durch Rückkopplungsprozesse, die die Reaktion stoppen, wenn genug produziert wurde.

Abb.: Christian Hess (rechts) und Alexey Popov (links, Bild: IFW).

Zusammen 4,7 Millionen Euro Fördermittel für ihre Grundlagenforschung auf den Gebieten Supraleitung und Magnetismus erhalten Christian Hess und Alexey Popov vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung. Hess erhält 2,7 Millionen  für die experimentelle Erforschung der Grundlagen unkonventioneller Supraleiter. Von besonderem Interesse ist dabei das Zusammenspiel von Magnetismus, Supraleitung und elektronischer Ordnung. Hierfür soll ein unikales hochauflösendes Raster-Tunnel-Mikroskop für tiefste Temperaturen im Millikelvin-Bereich aufgebaut und eingesetzt werden. Popov erhält zwei Millionen Euro für seine Forschung an molekularen Magneten. Dabei handelt es sich um Fullerene aus sechzig oder mehr Kohlenstoffatomen, die mit Metallclustern gefüllt und so zu kleinsten Magneten werden können, die für die Anwendung in der Spintronik interessant sind.

Abb.: Peter Baum (rechts) und Reinhard Kienberger (links, Bild: MPQ)

Was passiert im Inneren zukünftiger ultraschneller Elektronik? Hiervon möchte Peter Baum mit seinem Team ein Bild gewinnen und die Vorgänge in Raum und Zeit filmen. Reinhard Kienberger untersucht ultraschnelle elektronische Prozesse, die für die Entwicklung von neuen Techniken für die Energieerzeugung genutzt werden können. Für die Umsetzung dieser Vorhaben erhalten die beiden Forscher des MPI für Quantenoptik jeweils zwei Millionen Euro vom ERC. Baum will ultraschnelle Elektronenbewegungen in Atomen und deren unmittelbarer Umgebung messen und filmen. Durch Beugung ultrakurzer Pulse aus einzelnen Elektronen, welche durch maßgeschneiderte Laser-Lichtwellen kontrolliert werden, könnten alle grundlegenden elektronischen Aktivitäten räumlich und zeitlich direkt visualisiert werden. Somit wäre es möglich, fundamentale Physik, die unter anderem Hochgeschwindigkeits-Elektronik erlaubt und limitiert, zu untersuchen und zu verstehen.

Kienberger plant gleich drei Projekte: Zum einen will er sich mit elektronischen Prozessen in Hochtemperatur-Supraleitern beschäftigen – ein wichtiger Schritt zur technischen Anwendung dieser verlustlosen Stromleiter. Ein weiteres Projekt umfasst die Grundlagenforschung zur sonnenenergiebasierten Erzeugung von regenerativem Treibstoff, zum Beispiel Wasserstoff. Und zum dritten geht es ihm um das Verständnis des Ladungstransfers in Biomolekülen um mehr über den Informations- und Energietransport in Lebewesen zu erfahren.

HZB / IFW / MPQ / KIT / RK

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