25.07.2014

Voyager-1: Doch noch nicht „draußen”?

Neues Modell sagt Durchquerung einer heliosphärischen Stromschicht erst für 2015 voraus.

Ende 2012 gab das Voyager-Team der NASA bekannt, Voyager-1 habe als erstes Raumfahrzeug der Menschheit die Heliosphäre verlassen und das interstellare Medium erreicht. Seit August 2012 war die von Voyager-1 gemessene, durch den Sonnenwind entstehende anomale kosmische Strahlung stark abgefallen und im Gegenzug die galaktische kosmische Strahlung deutlich angestiegen. Doch bis heute sind nicht alle Forscher von der Beweiskraft dieser Beobachtung überzeugt. Denn ein am Rand der Heliosphäre erwartetes Phänomen konnten die Detektoren von Voyager-1 bislang nicht registrieren: eine signifikante Drehung der Richtung des Magnetfelds.

Abb.: Die Heliosphäre ist die Region, in der Sonnenwind und solares Magnetfeld dominieren. Durch den Zusammenprall des Sonnnenwinds und des interstellaren Mediums bilden sich zwei Stoßwellen: der „Termination Shock“ im Innern der Heliosphäre und der „Bow Shock“ im interstellaren Medium. Voyager-1 ist jetzt rund 130 AU von der Sonne entfernt, der Kuipergürtel mit Pluto und zahlreichen anderen ZWergplaneten und Asteroiden reicht nach heutigen Annahmen von 30 bis 55 AU. Aber die Raumsonde ist streng genommen noch lange nicht außerhalb des Sonnensystems: Die Oortsche Wolke, aus der die Kometen stammen, ist sehr viel größer. (Bild: SwRI)

Obwohl George Gloeckner und Len Fisk von der University of Michigan in Ann Arbor zum Voyager-Team gehören, zählen sie doch zugleich zu den Zweiflern. Die von Voyager-1 beobachtete Richtung des magnetischen Feldes stimmt unverändert mit der Richtung des heliosphärischen Magnetfelds überein, so die beiden Forscher, und diese Richtung unterscheidet sich deutlich von der erwarteten Richtung des interstellaren Magnetfelds. Das sei umso verwunderlicher, als die Dichte des Plasmas um die Raumsonde angestiegen ist: Sie ist inzwischen deutlich größer als im Sonnenwind und entspricht der für das interstellare Medium erwarteten Dichte.

Für diesen vermeintlichen Widerspruch präsentieren Gloeckner und Fisk nun eine Lösung. Der Sonnenwind, so argumentieren sie, verlangsame sich bei Annäherung an die Heliopause und werde dadurch komprimiert. Deshalb messen die Detektoren eine Erhöhung der Plasma-Dichte. Gloeckner und Fisk präsentieren ein analytisches Modell der Umgebung von Voyager-1, das mit allen Messdaten der Sonde kompatibel ist. Und in diesem Modell befindet sich das Raumfahrzeug noch innerhalb der Heliosphäre.

Abb.: Voyager-1 am Rand der Heliosphäre (Bild: NASA-JPL / Caltech)

Das Modell sagt außerdem die Bildung einer „current sheet“, einer durch die Kompression des Sonnenwinds entstandenen, stromführenden Schicht im Plasma voraus. Und an dieser Stromschicht muss sich die Polarität des Magnetfelds umkehren. Irgendwann im Jahr 2015 müsse Voyager-1 demnach auf diese Schicht und die damit verbundene Umkehr des Magnetfelds stoßen. Das wäre dann ein eindeutiger Beweis dafür, dass die Raumsonde noch nicht im interstellaren Medium angekommen ist, sondern sich immer noch innerhalb der äußersten Schicht der Heliosphäre befindet.

Rainer Kayser

OD

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