Warmphase auf dem frühen Mars
Von Curiosity gefundene Sedimente im Gale-Krater weisen auf Entstehung von Treibhausgasen hin.
Der rote Planet war einst zumindest ein bisschen blau: Ausgedehnte Flusstäler, Sedimente und ein vermutlicher Ozeanrand deuten darauf hin, dass der Mars vor langer Zeit einmal ein Klima besessen hat, das der jungen Erde nicht unähnlich war. Noch ist allerdings die Frage ungelöst, wie es in der Frühzeit des Mars möglich war, dass Temperaturen oberhalb des Gefrierpunkts vorgelegen haben. Zwar ist die Marsatmosphäre reich an Kohlendioxid, aber vermutlich hat dieses Treibhausgas allein nicht ausgereicht, um für genügend hohe Temperaturen zu sorgen.
Abb.: Aufnahme des Mars-Rovers Curiosity von Sedimentschichten im Gale-Krater. (Bild: NASA / JPL-Caltech)
Ein Forscherteam der Universitäten Oxford (Großbritannien), Calgary (Kanada) und Stony Brook (USA) hat nun einen Mechanismus identifiziert, über den größere Mengen an Wasserstoff in die Marsatmosphäre gelangt sein könnten. Wasserstoff ist ein starkes Treibhausgas, allerdings hält es sich nicht besonders lange in der Atmosphäre eines masseärmeren Planeten wie Mars, der dieses leichtflüchtige Gas nur schlecht an sich binden kann. Über langanhaltende geochemische Prozesse könnten der Wasserstoff jedoch immer wieder nachgeliefert worden sein – und somit einen wichtigen Beitrag geleistet haben, die Temperaturen auf unserem Nachbarplaneten längerfristig über den Gefrierpunkt zu heben. Diese Vermutung hatten auch andere Forscher in den letzten Jahren immer wieder geäußert.
Das Wissenschaftlerteam um Nick Tosca von der University of Oxford hat hierzu nun Funde des Mars-Rovers Curiosity aus den Sedimentschichten im Gale-Krater mit Laborversuchen nachgestellt. Die untersuchten Sedimente im Gale-Krater liegen am Fuß des Aeolis Mons. Der rund 155 Kilometer große Gale-Krater hat vermutlich einst einen riesigen See gebildet, in dem sich Sand und Schlamm im Lauf der Zeit zu dicken Sedimentschichten abgelagert haben. Das von Flusstälern durchschnittene Gebiet des Gale-Kraters hat sich vor ungefähr 3,8 bis 3,6 Milliarden Jahren gebildet.
„Wir haben verschiedene chemische Schlüssel-Reaktionen untersucht, die sich in den Sedimenten auf dem Mars in einer sauerstofffreien Atmosphäre vollzogen haben“, sagt Tosca. Anhand der Daten von Curiosity hatten die Forscher ein gutes Bild von den Gesteinsarten und ihrer geochemischen Umgebung. Wie sie nun herausfanden, entstehen unter anderem Magnetit und ähnliche Produkte, wenn Grundwasser und aus dem Boden gespülte Mineralien in einen See treten. Dabei werden größere Mengen Wasserstoff freigesetzt, die zu einer weiteren Erwärmung führen. Auf diese Weise könnten Gewässer – etwa in den wärmeren Äquatorialgebieten – über längere Zeiträume Wasserstoff freisetzen und so auch auf dem Rest des Planeten über einen Treibhauseffekt zu einem deutlichen Temperaturanstieg führen. Vermutlich hat sich dieser Effekt selbst verstärkt, weil dann auch in höheren Breitengrade solche geochemischen Reaktionen möglich wurden.
Der Vorrat an den benötigten Grundstoffen ist allerdings nicht unbeschränkt, so dass diese Reaktionen im Lauf der Jahrmillionen irgendwann nachließen. Wasserstoff ist außerdem zu leichtflüchtig für die Atmosphären mittelgroßer Planeten wie Mars oder Erde. Zwar hängt der Schwundfaktor auch von der Wasserstoffkonzentration in der Atmosphäre ab. Doch beim Mars liegt die Verweildauer von Wasserstoff ungefähr in der Größenordnung von 100.000 Jahren, danach hätte er sich größtenteils ins All verflüchtigt. Aber auch Wasserdampf ist ein gutes Treibhausgas. Als der Wasserstoffnachschub versiegt war, haben deshalb die Gewässer auf dem Mars ihr eigenes Klima erzeugen können. Der Wasserstoff wäre dann sozusagen eine Starthilfe für die Entstehung großflächiger Wassermassen gewesen. Genau lassen sich diese Frage allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten, sondern werden von weiteren Untersuchungen auf dem roten Planeten abhängen.
Curiosity tut noch immer seinen Dienst, obwohl er seine geplante Missionsdauer bereits um das Mehrfache überschritten hat. Sowohl die Nasa mit Mars 2020 als auch eine europäisch-russische Kollaboration mit ExoMars planen aber schon Nachfolger, die in den kommenden Jahren auf dem Mars landen sollen. Von größtem Interesse für die Wahl des Landeortes ist dabei die Art des Untergrundes: Sedimentgesteine mit aquatischem Ursprung können über lange Zeiträume eine Vielfalt an Informationen über Geologie und Klima sowie möglicherweise auch Biosignaturen speichern.
Der derzeitig favorisierte Landeplatz für ExoMars ist das Oxia Planum, eine ausgedehnte Tiefebene, die sich rund drei Kilometer unterhalb des Marsmittels befindet. Das Gebiet ist nicht nur reich an Lehm, sondern auch sehr alt. Da der Mars im Gegensatz zur Erde keine Plattentektonik aufweist, sind diese Sedimentschichten vermutlich sogar älter als alle vergleichbaren Gesteine auf unserem Planeten und öffnen damit auch ein Fenster in die ganz junge Erdgeschichte. Wünschenswert für die Planetenforscher wäre natürlich eine Mission, die Proben vom Mars zur Untersuchung in irdischen Laboren zurückbringt. Aber bereits im Oxia Planum hoffen die Wissenschaftler, Biosignaturen nachzuweisen zu können, die – im Lehm geschützt vor der Sonnen- und kosmischen Strahlung – über Jahrmilliarden überdauert haben könnten.
Dirk Eidemüller
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