09.08.2018

Warmphase auf dem frühen Mars

Von Curiosity gefundene Sedimente im Gale-Krater weisen auf Entstehung von Treibhausgasen hin.

Der rote Planet war einst zumindest ein bisschen blau: Ausge­dehnte Flusstäler, Sedimente und ein vermut­licher Ozeanrand deuten darauf hin, dass der Mars vor langer Zeit einmal ein Klima besessen hat, das der jungen Erde nicht unähnlich war. Noch ist aller­dings die Frage ungelöst, wie es in der Frühzeit des Mars möglich war, dass Tempera­turen oberhalb des Gefrier­punkts vorgelegen haben. Zwar ist die Mars­atmosphäre reich an Kohlen­dioxid, aber vermutlich hat dieses Treib­hausgas allein nicht ausgereicht, um für genügend hohe Tempera­turen zu sorgen.

Abb.: Aufnahme des Mars-Rovers Curiosity von Sedimentschichten im Gale-Krater. (Bild: NASA / JPL-Caltech)

Ein Forscherteam der Univer­sitäten Oxford (Groß­britannien), Calgary (Kanada) und Stony Brook (USA) hat nun einen Mechanismus identi­fiziert, über den größere Mengen an Wasserstoff in die Mars­atmosphäre gelangt sein könnten. Wasserstoff ist ein starkes Treib­hausgas, allerdings hält es sich nicht besonders lange in der Atmo­sphäre eines masse­ärmeren Planeten wie Mars, der dieses leicht­flüchtige Gas nur schlecht an sich binden kann. Über langan­haltende geo­chemische Prozesse könnten der Wasser­stoff jedoch immer wieder nachge­liefert worden sein – und somit einen wichtigen Beitrag geleistet haben, die Tempera­turen auf unserem Nachbar­planeten länger­fristig über den Gefrier­punkt zu heben. Diese Vermutung hatten auch andere Forscher in den letzten Jahren immer wieder geäußert.

Das Wissen­schaftlerteam um Nick Tosca von der Univer­sity of Oxford hat hierzu nun Funde des Mars-Rovers Curiosity aus den Sediment­schichten im Gale-Krater mit Labor­versuchen nachgestellt. Die unter­suchten Sedimente im Gale-Krater liegen am Fuß des Aeolis Mons. Der rund 155 Kilometer große Gale-Krater hat vermutlich einst einen riesigen See gebildet, in dem sich Sand und Schlamm im Lauf der Zeit zu dicken Sediment­schichten abgelagert haben. Das von Fluss­tälern durch­schnittene Gebiet des Gale-Kraters hat sich vor ungefähr 3,8 bis 3,6 Milliarden Jahren gebildet.

„Wir haben ver­schiedene chemische Schlüssel-Reaktionen unter­sucht, die sich in den Sedimenten auf dem Mars in einer sauerstoff­freien Atmo­sphäre vollzogen haben“, sagt Tosca. Anhand der Daten von Curiosity hatten die Forscher ein gutes Bild von den Gesteinsarten und ihrer geo­chemischen Umgebung. Wie sie nun heraus­fanden, entstehen unter anderem Magnetit und ähnliche Produkte, wenn Grund­wasser und aus dem Boden gespülte Mineralien in einen See treten. Dabei werden größere Mengen Wasser­stoff freigesetzt, die zu einer weiteren Erwärmung führen. Auf diese Weise könnten Gewässer – etwa in den wärmeren Äquatorial­gebieten – über längere Zeiträume Wasserstoff freisetzen und so auch auf dem Rest des Planeten über einen Treibhaus­effekt zu einem deutlichen Temperatur­anstieg führen. Vermutlich hat sich dieser Effekt selbst verstärkt, weil dann auch in höheren Breiten­grade solche geo­chemischen Reaktionen möglich wurden.

Der Vorrat an den benötigten Grundstoffen ist allerdings nicht unbeschränkt, so dass diese Reaktionen im Lauf der Jahr­millionen irgend­wann nachließen. Wasserstoff ist außerdem zu leicht­flüchtig für die Atmo­sphären mittel­großer Planeten wie Mars oder Erde. Zwar hängt der Schwundfaktor auch von der Wasserstoff­konzentration in der Atmosphäre ab. Doch beim Mars liegt die Verweildauer von Wasserstoff ungefähr in der Größen­ordnung von 100.000 Jahren, danach hätte er sich größten­teils ins All verflüchtigt. Aber auch Wasser­dampf ist ein gutes Treib­hausgas. Als der Wasserstoff­nachschub versiegt war, haben deshalb die Gewässer auf dem Mars ihr eigenes Klima erzeugen können. Der Wasserstoff wäre dann sozusagen eine Starthilfe für die Entstehung groß­flächiger Wasser­massen gewesen. Genau lassen sich diese Frage aller­dings zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten, sondern werden von weiteren Unter­suchungen auf dem roten Planeten abhängen.

Curiosity tut noch immer seinen Dienst, obwohl er seine geplante Missions­dauer bereits um das Mehrfache über­schritten hat. Sowohl die Nasa mit Mars 2020 als auch eine euro­päisch-russische Kolla­boration mit ExoMars planen aber schon Nachfolger, die in den kommenden Jahren auf dem Mars landen sollen. Von größtem Interesse für die Wahl des Landeortes ist dabei die Art des Untergrundes: Sediment­gesteine mit aqua­tischem Ursprung können über lange Zeiträume eine Vielfalt an Informationen über Geologie und Klima sowie möglicher­weise auch Biosignaturen speichern.

Der derzeitig favo­risierte Lande­platz für ExoMars ist das Oxia Planum, eine ausgedehnte Tiefebene, die sich rund drei Kilometer unterhalb des Marsmittels befindet. Das Gebiet ist nicht nur reich an Lehm, sondern auch sehr alt. Da der Mars im Gegensatz zur Erde keine Platten­tektonik aufweist, sind diese Sediment­schichten vermutlich sogar älter als alle vergleich­baren Gesteine auf unserem Planeten und öffnen damit auch ein Fenster in die ganz junge Erd­geschichte. Wünschens­wert für die Planeten­forscher wäre natürlich eine Mission, die Proben vom Mars zur Unter­suchung in irdischen Laboren zurückbringt. Aber bereits im Oxia Planum hoffen die Wissen­schaftler, Biosigna­turen nachzuweisen zu können, die – im Lehm geschützt vor der Sonnen- und kosmischen Strahlung – über Jahr­milliarden überdauert haben könnten.

Dirk Eidemüller

JOL

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