26.05.2011

Warum der Mars so klein ist

Das Wachstum des roten Planeten stoppte früh - er ist ein übrig gebliebener Planeten-Embryo.

Das Wachstum des roten Planeten stoppte früh - er ist ein übrig gebliebener Planeten-Embryo.

Der Planet Mars hatte bereits zwei bis vier Millionen Jahre nach der Geburt des Sonnensystems seine endgültige Größe erreicht. Das zeigt die genaue Untersuchung radioaktiver Zerfallsprodukte in Mars-Meteoriten durch zwei amerikanische Forscher. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass der Mars gar kein richtiger Planet, sondern ein übrig gebliebener Planeten-Embryo ist: Er sei weiteren Kollisionen und Verschmelzungen mit anderen Himmelskörpern entkommen und deshalb so klein geblieben.

Abb.: Mars - kein ausgewachsener Planet, sondern ein Planeten-Embryo (Quelle: NASA/STScI/AURA)

"Computersimulationen des Wachstums der terrestrischen Planeten reproduzieren zwar die Masse und die dynamischen Parameter von Erde und Venus", erläutern Nicolas Dauphas und Ali Pourmand von der University of Chicago, "doch sie können die geringe Größe des Planeten Mars nicht erklären." In der letzten Phase der Planetenentstehung, 50 bis 150 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems aus einer kollabierenden Gaswolke, sind Erde und Venus aus Zusammenstößen und Verschmelzungen so genannter Planeten-Embryos mit Durchmessern von 1000 bis 5000 Kilometern hervorgegangen. "Eine Möglichkeit wäre, dass Mars ein Planeten-Embryo ist, der weiteren Kollisionen und Verschmelzungen mit anderen Embryos entgangen ist", schreiben Dauphas und Pourmand.

Um diese Idee zu überprüfen haben die beiden Wissenschaftler den radioaktiven Zerfall mehrerer Stoffe - Hafnium, Wolfram und Thorium - in Meteoriten untersucht, die vom roten Planeten stammen. Dabei handelt es sich um Gesteinsbrocken, die durch Einschläge von Asteroiden aus der Marskruste heraus geschleudert und nach langer Reise durch das Weltall schließlich auf der Erde niedergegangen sind.

Aus dem Anteil von Wolfram-182 in den Mars-Meteoriten lässt sich der Entstehungszeitpunkt der Marskruste - aus der die Meteoriten stammen - bestimmen. Denn das Isotop Hafnium-182 zerfällt mit einer Halbwertszeit von neun Millionen Jahren zu Wolfram-182. Deshalb können die Forscher diesen Zerfallsprozess nutzen, um Ereignisse in den ersten 60 Millionen Jahren der Geschichte des Sonnensystems zu datieren, also der Zeit, bevor das gesamte Hafnium vollständig zerfallen ist.

In der frühen Phase ihrer Entwicklung sind die felsigen Planeten ausdifferenziert: Es bildeten sich ein eisenreicher Kern und ein silikatreicher Mantel. Wolfram ist siderophil - es bindet sich gern an Eisen - und sank daher zum größten Teil mit in den Kern ab. Hafnium dagegen ist lithophil, wurde in Silikaten und Oxid-Mineralien gebunden und verblieb so in Mantel und Kruste. Deshalb ist das Alter der Entstehung des Planetenkerns gewissermaßen in der isotopischen Zusammensetzung von Wolfram in Mantel und Kruste eines Planeten aufgezeichnet. Die Entstehung des Kerns fällt nach heutigen Erkenntnissen wiederum mit der Zeit zusammen, in der die Planeten ihre endgültige Masse erreichten.

Die Analyse von Dauphas und Pourmand zeigt, dass die Entstehung des Planeten Mars bereits nach zwei bis vier Millionen Jahren abgeschlossen war - ungewöhnlich kurz im Vergleich zu Erde und Venus. In dieser frühen Phase des Sonnensystems haben sich zunächst die Planeten-Embryos aus so genannten Planetesimalen, zehn bis hundert Kilometer großen Körpern, gebildet. Das frühe Ende des Wachstums erklärt somit, warum der Mars so klein ist: Er besitzt nur elf Prozent der Masse der Erde und sein Durchmesser von 6800 Kilometern liegt noch im Bereich von Planeten-Embryos. Die Entwicklung des roten Planeten ist also, so schließen die Forscher, im Embryonalstadium stecken geblieben.

Rainer Kayser


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