Warum Festkörper ruckelnd gleiten
Ein US-amerkanisches Forscherteam zeigt im mit einem Rasterkraftmikroskop, wie Erdbeben entstehen.
Harte Kreide auf harter Tafel ist unangenehm laut. Das Geräusch entsteht, weil zwei Festkörper wechselseitig aneinander entlang gleiten und dazwischen immer wieder kurz hängenbleiben. Dieser „Stick-Slip-Effekt“ ist in der Natur häufig: Bei flachen Erdbeben etwa schieben sich zwei Gesteinsblöcke aneinander vorbei. Doch das geschieht nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft und ist deshalb begleitet von Erschütterungen. Die Haftreibung und der dann entstehende Ruck ist dabei umso stärker, je länger beide Kontaktflächen bewegungslos aufeinander verharrt haben.
Abb.: Ein Rasterkraftmikroskop eignet sich um die Reibung von Gesteinsschichten zu simulieren, wie sie bei Erdbeben auftritt. (Bild: A. Siber)
Die Ursachen für den Stick-Slip-Effekt sind noch nicht geklärt. Die Kontaktfläche ist für analytische Methoden nur schwer zugänglich. Ein Forscherteam um Qunyang Li von der University of Pennsylvania umgeht dieses Problem nun, indem es das Messinstrument selbst in den mechanischen Prozess mit einbezieht. Dafür verwenden die Ingenieure und Geophysiker feine Siliziumspitzen eines Rasterkraftmikroskops, die sie über einen Wafer aus Siliziumdioxid ziehen. Dabei konnten sie das gleiche Verhaltensmuster wie bei den gleitenden Gesteinsblöcken beobachten, denn jene bestehen meist ebenfalls aus Siliziumverbindungen.
Die Forscher stellten dabei fest, dass die sprunghaften Bewegungen nachließen, als sie die Siliziumspitzen vor dem Experiment einer erhöhten Luftfeuchtigkeit aussetzten. Sie vermuten deshalb, dass vor allem chemische Bindungen für die Stärke des Stick-Slip-Effekts verantwortlich sind. Wasserstoffbrücken und van-der-Waals-Bindungen heften die befeuchteten Flächen nur schwach aneinander. Sind die Oberflächen dagegen trocken, könnten stabilere Siloxanbindungen entstehen, die zwei Siliziumatome über ein Sauerstoffatom miteinander verbinden. Dass diese Reaktionen tatsächlich stattgefunden haben, konnten die Forscher bisher aber nicht zeigen. Sie schlagen deshalb vor, nun den chemischen Nachweis zu erbringen und die kinetischen Bedingungen solcher Reaktionen genauer zu untersuchen.
Das Ziel der Wissenschaftler ist es, für die ruckhafte Reibung eine grundlegende physikalische Gesetzmäßigkeit abzuleiten. Denn bislang kann der Prozess im Erdinnern nur mit empirischen Modellen beschrieben werden.
Karl Urban
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PH