Warum Teige kleben
Auswirkung von Kontaktzeit und Oberflächenstrukturen auf die Teighaftung untersucht.
Wer gern nascht, freut sich über Teigreste, die an Knethaken oder Schüssel kleben bleiben. Doch in Bäckereien und Industriebetrieben können Teigreste an Transportbändern und Gärtüchern zu Hygieneproblemen und Produktionsausfällen führen. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie und der TU München haben jetzt untersucht, wie sich Kontaktzeit und Oberflächenstrukturen der unterschiedlichen Arbeitsmaterialien auf die Teighaftung auswirken.
Abb.: Beim Backen bleiben häufig Teigreste an der Arbeitsplatte, an Schüsseln oder Knetelementen kleben. Das führt in Bäckereien zu Produktionsausfällen. (Bild: A. Bramsiepe, KIT)
Teige haften gern fest an allen Oberflächen, mit denen sie beim Verarbeiten in Berührung kommen. Die Folge: Es werden zusätzliche Hilfsstoffe wie teure Spezialmehle, die nicht stauben, benötigt, die Reinigung wird aufwändiger, die Maschinen stehen währenddessen still und es kommt zu Produktionsausfällen. Speziell auf Gärtüchern, wie man sie für manche Brotteige oder Hefeteig braucht, schimmeln Teigreste außerdem sehr schnell, da sie im Gärschrank bei Temperaturen um dreißig Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit liegen. Die Tücher müssen daher immer wieder ersetzt werden.
„Wir haben deshalb untersucht, welchen Einfluss die Kontaktdauer von Teig und Werkstoff hat und wie sich die Oberflächenstruktur der Werkstoffe auf die Teighaftung auswirkt“, sagt Sebastian Moeller vom KIT. Mit einem Laserrastermikroskop nahmen Wissenschaftler die Struktur der Oberflächen von Gärtüchern, Transportbändern und Backblechen aus Edelstahl auf. Die Bilder werteten sie dann nach Oberflächenparametern wie Rauheitswerte, Höhenverteilung des Materials und Aufteilung des Oberflächenprofils in Spitzen-, Kern- und Talbereiche aus.
„Mit Versuchen in einer Zentrifuge haben wir außerdem die Haftkräfte von Teig ermittelt. Dabei haben wir Teigproben von den unterschiedlichen Arbeitsmaterialien geschleudert. Wir fanden heraus, dass auch die Dauer des Kontakts zwischen Teig und Oberfläche dafür entscheidend ist, wie stark er klebt“, so Moeller. Nach kurzer Kontaktzeit blieb am Edelstahl und an Transportbändern deutlich mehr Teig kleben als an Gärtüchern. Bei den Transportbändern beeinflussten Waffel- oder Rippenstruktur die Klebrigkeit des Teiges. Sie verringerten die Kontaktfläche zum Teig, sodass sich geringere Adhäsionskräfte entwickelten. Bei den Gärtüchern konnte man erst nach längerer Kontaktdauer einen Unterschied zwischen den Materialien beobachten. „Vor allem an Tüchern aus Polyester blieb deutlich mehr Teig kleben als an Baumwollgärtüchern. Eine Zunahme der Teighaftung war mit längerer Kontaktdauer aber bei allen Materialien zu erkennen“, sagt Moeller. Zu gleichen Ergebnissen kamen die Partner von der TU München mit einer Kippapparatur im Labormaßstab.
Im nächsten Schritt wurden Gärtücher über zwölf Wochen in einer Bäckerei getestet. „Nach sechs Wochen bildeten sich auf allen Gärtüchern Mehl- und Teigrückstände. Da diese dann sehr schnell verderben können, sollte man die Tücher wechseln“, empfiehlt Moeller. Durch Reinigungsvorgänge wie das Abbürsten und Waschen rauten sich außerdem die Polyestergärtücher auf, der Teig klebt damit weniger stark fest. Die Baumwolltücher hingegen bekamen eine flachere Struktur, was die Teighaftung verstärkte. „Je rauer und luftdurchlässiger ein Material ist, desto geringer das Haftverhalten. Besonders stark klebt der Teig bei den Backblechen, die ja keine Luft durchlassen“, so Moeller.
Die Ergebnisse der Studie sollen in Zukunft dabei helfen, Materialien und Werkstoffe auszuwählen oder zu entwickeln, an denen Teige weniger stark haften und auf denen sich weniger Keime bilden. So wollen die Wissenschaftler Hygiene und Produktivität von Bäckereien steigern, die Rohstoff-, Entsorgungs- und Reinigungskosten senken und die Arbeitssicherheit erhöhen.
KIT / RK