15.12.2017

Warum Teige kleben

Auswirkung von Kontaktzeit und Oberflächen­strukturen auf die Teig­haftung unter­sucht.

Wer gern nascht, freut sich über Teigreste, die an Knet­haken oder Schüssel kleben bleiben. Doch in Bäcke­reien und Industrie­betrieben können Teig­reste an Trans­port­bändern und Gär­tüchern zu Hygiene­problemen und Produk­tions­aus­fällen führen. Forscher des Karls­ruher Insti­tuts für Techno­logie und der TU München haben jetzt unter­sucht, wie sich Kontakt­zeit und Ober­flächen­struk­turen der unter­schied­lichen Arbeits­materi­alien auf die Teig­haftung aus­wirken.

Abb.: Beim Backen bleiben häufig Teig­reste an der Arbeits­platte, an Schüsseln oder Knet­ele­menten kleben. Das führt in Bäcke­reien zu Produk­tions­aus­fällen. (Bild: A. Bramsiepe, KIT)

Teige haften gern fest an allen Oberflächen, mit denen sie beim Ver­arbeiten in Berüh­rung kommen. Die Folge: Es werden zusätz­liche Hilfs­stoffe wie teure Spezial­mehle, die nicht stauben, benötigt, die Reini­gung wird auf­wändiger, die Maschinen stehen während­dessen still und es kommt zu Produk­tions­aus­fällen. Speziell auf Gär­tüchern, wie man sie für manche Brot­teige oder Hefe­teig braucht, schimmeln Teig­reste außer­dem sehr schnell, da sie im Gär­schrank bei Tempe­ra­turen um dreißig Grad Celsius und hoher Luft­feuchtig­keit liegen. Die Tücher müssen daher immer wieder ersetzt werden.

„Wir haben deshalb untersucht, welchen Einfluss die Kontakt­dauer von Teig und Werk­stoff hat und wie sich die Ober­flächen­struktur der Werk­stoffe auf die Teig­haftung aus­wirkt“, sagt Sebastian Moeller vom KIT. Mit einem Laser­raster­mikro­skop nahmen Wissen­schaftler die Struktur der Ober­flächen von Gär­tüchern, Trans­port­bändern und Back­blechen aus Edel­stahl auf. Die Bilder werteten sie dann nach Ober­flächen­para­metern wie Rau­heits­werte, Höhen­ver­tei­lung des Materials und Auf­tei­lung des Ober­flächen­profils in Spitzen-, Kern- und Tal­bereiche aus.

„Mit Versuchen in einer Zentrifuge haben wir außerdem die Haft­kräfte von Teig ermittelt. Dabei haben wir Teig­proben von den unter­schied­lichen Arbeits­materi­alien geschleu­dert. Wir fanden heraus, dass auch die Dauer des Kontakts zwischen Teig und Ober­fläche dafür ent­schei­dend ist, wie stark er klebt“, so Moeller. Nach kurzer Kontakt­zeit blieb am Edel­stahl und an Trans­port­bändern deut­lich mehr Teig kleben als an Gär­tüchern. Bei den Trans­port­bändern beein­flussten Waffel- oder Rippen­struktur die Klebrig­keit des Teiges. Sie ver­ringer­ten die Kontakt­fläche zum Teig, sodass sich geringere Adhäsions­kräfte ent­wickel­ten. Bei den Gär­tüchern konnte man erst nach längerer Kontakt­dauer einen Unter­schied zwischen den Materi­alien beob­achten. „Vor allem an Tüchern aus Poly­ester blieb deut­lich mehr Teig kleben als an Baum­woll­gär­tüchern. Eine Zunahme der Teig­haftung war mit längerer Kontakt­dauer aber bei allen Materi­alien zu erkennen“, sagt Moeller. Zu gleichen Ergeb­nissen kamen die Partner von der TU München mit einer Kipp­appa­ratur im Labor­maß­stab.

Im nächsten Schritt wurden Gärtücher über zwölf Wochen in einer Bäckerei getestet. „Nach sechs Wochen bildeten sich auf allen Gär­tüchern Mehl- und Teig­rück­stände. Da diese dann sehr schnell ver­derben können, sollte man die Tücher wechseln“, empfiehlt Moeller. Durch Reini­gungs­vor­gänge wie das Abbürsten und Waschen rauten sich außer­dem die Poly­ester­gär­tücher auf, der Teig klebt damit weniger stark fest. Die Baum­woll­tücher hin­gegen bekamen eine flachere Struktur, was die Teig­haftung ver­stärkte. „Je rauer und luft­durch­lässiger ein Material ist, desto geringer das Haft­ver­halten. Beson­ders stark klebt der Teig bei den Back­blechen, die ja keine Luft durch­lassen“, so Moeller.

Die Ergebnisse der Studie sollen in Zukunft dabei helfen, Materi­alien und Werk­stoffe aus­zu­wählen oder zu ent­wickeln, an denen Teige weniger stark haften und auf denen sich weniger Keime bilden. So wollen die Wissen­schaftler Hygiene und Pro­duk­ti­vität von Bäcke­reien steigern, die Roh­stoff-, Ent­sorgungs- und Reini­gungs­kosten senken und die Arbeits­sicher­heit erhöhen.

KIT / RK

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