Warum Tschuri wie ein Quietsche-Entchen aussieht
Rosetta liefert Erklärung für die seltsame Form des Kometenkerns.
Als die ersten aufgelösten Bilder des Kometen Tschurijumow-Gerasimenko eintrafen, waren die Wissenschaftler überrascht: Der Kern besitzt eine eigenartige, einem Quietsche-Entchen ähnelnde Form. „Sehr wahrscheinlich sind zwei Kometen im noch jungen Sonnensystem zusammengestoßen und bildeten den heute sichtbaren Doppelkörper“, sagt Ekkehard Kührt, der die wissenschaftlichen Beteiligungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt an der Rosetta-Mission leitet. „Um die gemessene geringe Dichte und die gut erhaltenen Schichtstrukturen beider Kometenteile zu erklären, muss der Zusammenprall bei kleinen Geschwindigkeiten sehr sanft erfolgt sein. Diese Erkenntnis gibt wichtige Hinweise auf den physikalischen Zustand des frühen Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren.“
Abb.: Die Weitwinkelaufnahme des Kometen Tschurijumow-Gerasimenko zeigt die seltsame, einem Quietsche-Entchen ähnelnde Form des Kerns. (Bild: DLR)
Ursprünglich hatten die Wissenschaftler zwei Theorien im Visier: Sie vermuteten entweder eine Kollision zweier Körper oder eine besonders intensive Erosion an der Stelle, die sich schließlich zum „Hals“ entwickelte. Die Analyse hochaufgelöster Bilder des Kometen von der OSIRIS-Kamera auf Rosetta, die zwischen dem 6. August 2014 und 17. März 2015 entstanden, brachte jetzt die Auflösung des Rätsels.
Zunächst hatten die Wissenschaftler auf den Bildern über hundert terrassenförmige Strukturen auf der Kometenoberfläche und parallel verlaufende Schichten ausgemacht, die deutlich an exponierten Klippen, Wänden und Vertiefungen zu sehen waren. Mithilfe eines 3D-Kometenmodells konnten sie anschließend schlussfolgern, in welche Richtung und in welcher Tiefe die einzelnen Schichten verlaufen. Schnell wurde klar, dass die schichtartigen Strukturen auf beiden Kometenhälften zu finden sind, sich dort aber im Detail voneinander unterscheiden. Das führte zu der Einsicht, dass sich die Strukturen nicht auf einem Körper gemeinsam entwickelt haben. Schon frühere Missionen zu den Kometen Tempel-1 und Wild-2 hatten Hinweise auf den schichtartigen Aufbau der Himmelskörper geliefert.
„Kometen gelten als Zeitzeugen der Bildung unseres Planetensystems, da sie sich durch ihre Entstehung in dessen kalten äußeren Regionen und wegen ihrer geringen Größe gut erhalten haben“, erläutert Kührt. „Unklar war, inwieweit gegenseitige Stöße zur Alterung beigetragen haben. Die Daten der Rosetta-Mission unterstreichen, dass Kometen auch in dieser Hinsicht nur moderat verändert wurden und tatsächlich sehr ursprüngliches Material darstellen.“ Zudem deutet der ähnliche Aufbau beider Teilkörper darauf hin, dass diese einst in ähnlicher Weise entstanden sind.
DLR / RK