Was von Exoplaneten reflektierte Strahlung verraten könnte
Neues Simulationsverfahren für die Untersuchung von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems.
Seit der Entdeckung des ersten Planet außerhalb unseres Sonnensystems im Jahr 1995 haben Astronomen über 4000 solcher Exoplaneten aufgespürt. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, ob es Leben in den Planetensystemen um andere Sterne gibt. Ein Forschungsteam der Uni Kiel hat jetzt ein umfangreiches Simulationsverfahren entwickelt, das Rückschlüsse auf die Eigenschaften von Exoplaneten aus der von ihnen reflektierten Strahlung zulässt. Es schafft die Grundlage für zukünftige Observatorien und Beobachtungsinstrumente, mit denen man Antworten auf die Frage nach Leben auf anderen Planeten einen Schritt näherkommen könnte.
„Die Antwort auf die Frage nach Leben außerhalb unseres Sonnensystems hätte sicherlich weitreichendere Folgen für unser kosmisches Selbstverständnis als alles andere, was wir bisher über das Universum herausgefunden haben“, sagt Sebastian Wolf von der Uni Kiel. Da die Entfernungen jedoch viel zu groß sind, um Raumsonden zu den Exoplaneten zu schicken, bleibt nur die Möglichkeit, die Strahlung der Exoplaneten mit entsprechenden Observatorien und Beobachtungsinstrumenten zu beobachten.
Planeten reflektieren die Strahlung ihres Zentralsterns, den sie – wie unsere Erde die Sonne – umkreisen. Daraus lassen sich Informationen über die physikalischen und chemischen Eigenschaften ihrer Atmosphäre, Landmassen und Ozeane ableiten. Sie könnten Antworten geben auf Fragen wie: Besitzt der Planet eine Atmosphäre und woraus besteht sie, wie ausgeprägt ist sie? Gibt es Wolken und überdecken sie den gesamten Planeten? Sind die Landmassen wüstenartig oder mit Schnee oder Vegetation bedeckt? Existieren Ozeane und Wellen, die Einblicke in die Wechselwirkung von Atmosphäre und Ozean geben könnten? Hat der Planet Satelliten oder Ringe?
Doch nicht nur die Entschlüsselung dieser Informationen gestaltete sich bislang als schwierig. Auch das schwache Licht der Exoplaneten, die zusätzlich auch noch von ihren Zentralsternen überstrahlt werden, erschwert die Beobachtung. Vor diesem Hintergrund hat Moritz Lietzow von der Uni Kiel ein Simulationsverfahren entwickelt, mit dem sich neben der reflektierten Strahlung auch ihre Polarisation auf bisher umfangreichste und genaueste Weise berechnen lässt. Für die Erforschung von Exoplaneten wird die Polarisation in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, da in ihr Eigenschaften des von ihm reflektierten Lichts verschlüsselt sind. „Das wiederum lässt Rückschlüsse auf die grundlegende Beschaffenheiten von Exoplaneten zu, die uns ansonsten verborgen blieben,“ so Lützow.
Auch ein anderes Problem soll mit dem neuen Verfahren entschärft werden: Häufig lässt die Analyse des einfachen Lichtspektrums keine eindeutigen Aussagen zu. Zieht man die Polarisation als zweiten Faktor hinzu, sollen in Zukunft klare Aussagen zu der Beschaffenheit der Oberfläche und Atmosphäre von Exoplaneten möglich werden.
„Noch steckt die tatsächliche Beobachtung extrasolarer Planeten im polarisierten Licht in den Kinderschuhen. Das hier entwickelte Simulationsverfahren kann aber eine wichtige Doppelrolle einnehmen und so die Entwicklung dieses Forschungsgebietes entscheidend vorantreiben“, so Wolf. Zum einen wird es Vorhersagen zu dem erwarteten Polarisationssignal von Exoplaneten erlauben. Hieraus lassen sich Vorgaben für den Bau neuer, speziell für diese Messungen designter Beobachtungsinstrumente ableiten. Zum anderen wird hiermit die Grundlage für die Analyse zukünftiger Beobachtungen geschaffen, mit der man der Antwort nach Leben auf Exoplaneten – mindestens – etwas näherkommen wird, so die Überzeugung des Forschungsteams.
CAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Lietzow, S. Wolf & R. Brunngräber: Three-dimensional continuum radiative transfer of polarized radiation in exoplanetary atmospheres, Astron. Astroph. 645 A146 (2021); DOI: 10.1051/0004-6361/202038932 - AG Stern- und Planetenentstehung, Exoplaneten (S. Wolf), Institut für theoretische Physik und Astrophysik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel