30.08.2017

Wasserstoff sparsam speichern

Neues Verfahren erlaubt katalytische Speicherung und Freisetzung von Wasserstoff in einem Apparat.

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich das Speichern von Wasserstoff stark vereinfacht. Es reduziert den technischen Aufwand für die chemische Bindung des Wasserstoffs an organische Träger­flüssigkeiten: Statt wie bisher zwei Apparaten wird nun nur noch ein Apparat eingesetzt, der Be- und Entladung der Träger­flüssigkeit übernimmt. Ein zukünftiger industrieller Einsatz des Verfahrens kann Kosten- und Energieaufwand der Wasserstoff­speicherung bedeutend reduzieren.

Abb.: Holger Jorschick an der Laboranlage zur Chemischen Wasserstoffspeicherung (Bild: FZJ, C. Heßelmann)

Um den Wasserstoff zu speichern und an den Ort zu transportieren, an dem er gebraucht wird, haben Wissenschaftler der FAU und des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN), einer Außenstelle des Forschungs­zentrums Jülich, ein spezielles Verfahren entwickelt: eine organische Träger­flüssigkeit („Liquid Organic Hydrogen Carrier“, LOHC), die mehr als 650 Liter Wasserstoff pro Liter binden kann und mit der sich der chemisch gebundene Wasserstoff sicher lagern und kostengünstig transportieren lässt. „Die Wasserstoff­speicherung und -freisetzung aus der Träger­flüssigkeit geschieht über eine umkehrbare chemische Reaktion“, erklärt Holger Jorschick vom HI ERN. „Bisher war für jede Reaktionsrichtung ein spezieller Katalysator notwendig, da Druck und Temperatur der beiden Reaktions­schritte deutlich unterschiedlich waren. Daher musste die LOHC-Beladung mit Wasserstoff und die Freisetzung des Wasserstoffs aus dem LOHC-Träger in zwei getrennten Reaktions­einheiten stattfinden.“

Dem Team von Wissenschaftlern des Forschungs­zentrums Jülich und der FAU unter Leitung von Peter Wasserscheid ist es nun gelungen, einen Katalysator zu entwickeln, der Beladungs- und Entladungs­reaktion bei gleicher Temperatur effizient beschleunigen kann. Nur durch Druckwechsel kann mit diesem Katalysator in einem Apparat die Wasserstoff­speicherung und Wasserstoff­freisetzung erfolgen. Das bringt enorme Ersparnisse. „Das Teure an den LOHC-Anlagen ist üblicherweise die Instrumentierung – Ventile, Pumpen, die Mess- und Regel­technik“, erklärt Patrick Preuster vom Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik der FAU. „Da diese mit dem neuen Katalysator nur noch für einen anstatt für zwei Apparate benötigt werden, lassen sich etwa dreißig bis fünfzig Prozent der Kosten einsparen.“ Außerdem reduziert sich der für die Anlage benötigte Raum und die Betriebskosten.

Ein weiterer großer Vorteil ergibt sich durch das neue Verfahren für die effiziente Nutzung der Reaktions­wärme, die bei der Wasserstoff­speicherung freigesetzt wird. „Bisher musste der Belade­apparat bei etwa 150 Grad Celsius betrieben werden, der Entladeapparat bei etwa 300 Grad“, sagt Holger Jorschick. „Obwohl bei der Beladung die gleiche Menge Wärme frei wird, die bei der Entladung zugeführt werden muss, war es wegen der unterschiedlichen Reaktions­temperaturen bisher unmöglich, die freiwerdende Wärme der Beladung zu speichern und für die Entladung zu nutzen.“ Das neue Verfahren ermöglicht das Beladen des Wasserstoff­speichers bei höheren Temperaturen – die entstehende Wärme kann zwischen­gespeichert und für die Entlade­reaktion genutzt werden.

„Erst mit der von uns entwickelten Hoch­temperatur-Hydrierung – und einem für beide Reaktionen wirksamen Katalysator – wurde es überhaupt möglich, beide Reaktionen in einem Apparat ablaufen zu lassen“, so Patrick Preuster. Besonders günstig wirkt sich das neue Speicher­verfahren auf den dynamischen Betrieb solcher Anlagen aus. Während im herkömmlichen Verfahren mit zwei getrennten Apparaten jeweils der benötigte Apparat zeit- und energie­aufwändig angefahren werden muss, steht mit der neuen Methode sofort ein betriebs­bereiter Apparat zur Verfügung. „Durch ein einfaches Umschalten eines Ventils lässt sich in Sekunden­bruchteilen vom Speicher- in den Entlade­betrieb wechseln, und umgekehrt“, freut sich Preuster.

Das Verfahren hat praktisch keine Nachteile. Allerdings, so gibt Holger Jorschick zu, sind die möglichen Einsatzorte begrenzt: „Natürlich ist es nicht in jedem Fall sinnvoll, den Apparat ständig durch Speicherung oder Freisetzung von Wasserstoff auf Betriebs­temperatur zu halten. Aber wir gehen davon aus, dass in einem zukünftigen, stark regenerativen Energie­system großer Bedarf an solchen Anlagen existiert.“ Wann genau das Verfahren im kommerziellen Maßstab einsatzbereit ist, ist noch nicht sicher. Gegenwärtig wurde es nur im kleinen Labor­maßstab getestet. Doch Holger Jorschick ist zuversichtlich: „Bis Ende des Jahres wird es einen technischen Prototypen geben.“

FZJ / DE

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