13.06.2018

Wechselwirkung in ultrakalten Gasen

Bindungsmechanismus eines Rydbergmoleküls aus nur zwei Atomen analysiert.

Physikern der Technischen Univer­sität Kaisers­lautern um Herwig Ott ist es erstmals gelungen, die Wechsel­wirkung zwischen zwei Atomen in ultra­kalter Materie mit Hilfe von Rydberg­molekülen zu verändern. Diese erst kürzlich entdeckten großen Moleküle bestehen aus nur zwei Atomen, deren Bindungs­mechanismus nicht mit gängigen chemischen Modellen beschrieben werden kann. Sie besitzen außer­gewöhnliche Eigen­schaften wie etwa eine große Bindungs­länge.

Abb.: In diesem Experiment arbeiteten die Forscher um Herwig Ott mit einer ultrakalten Wolke (Mitte, rot) aus Rubidiumatomen. (Bild: AG Ott, TUK)

Um solche Quanten­phänomene zu erforschen, setzen Physiker auf ultrakalte atomare Gase. „Hierbei herrschen Tempera­turen um den absoluten Nullpunkt, rund -273 Grad Celsius“, sagt Herwig Ott, der zu ultra­kalten Quanten­gasen und Quanten­atomoptik forscht. „Das Verhalten der atomaren Gase wird dabei von der Wechsel­wirkung zwischen den Atomen bestimmt.“ Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch von einem quanten­mechanischen Streu­prozess. „Für die Wissenschaft sind solche Gase bei der Erforschung von quanten­mechanischen Effekten von großer Bedeutung, weil sich diese Wechsel­wirkungen im Labor verändern lassen“, sagt Ott.

Otts Arbeits­gruppe ist es nun erstmals gelungen, die Wechsel­wirkung zwischen ultra­kalten Atomen mit Hilfe von Rydberg­molekülen zu verändern. Die Idee für den Versuch: Zwei Atome, die zusammen­stoßen, werden kurz­zeitig mittels eines Laser­strahls in einen Zustand versetzt, der einem Molekül entspricht. „Dadurch verbringen sie eine längere Zeit bei­einander“, sagt Ott. „Dies verändert den quanten­mechanischen Streu­prozess zwischen den beiden Atomen und damit auch die Wechsel­wirkung zwischen ihnen.“ Im Experiment konnten die Kaisers­lauterer Forscher dies jetzt beobachten.

Dazu haben sie aus zwei Rubidium­atomen ein Rydberg­molekül erzeugt. Diese Form der Moleküle wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt. Es handelt sich hierbei um Moleküle, die so groß wie Viren sein können, aber nur aus zwei Atomen bestehen. In der Regel sind Moleküle, die aus zwei Atomen bestehen, wesentlich kleiner. Im Gegen­satz zu bislang bekannten Bindungen, bei denen sich zum Beispiel zwei Atome jeweils ein Elektron teilen, wirkt hier ein anderer Mecha­nismus: Ein Elektron weist zum Atomkern nur eine sehr schwache Bindung auf und befindet sich auf einer äußeren Elektronen­bahn, es ist in einem Rydberg­zustand. Das zweite Atom erfährt nun eine quanten­mechanische Wechsel­wirkung mit dem Elektron und es entsteht eine schwache Bindung zwischen den beiden Atomen.

„Diese Moleküle zeichnen sich durch eine Reihe außer­gewöhnlicher Eigen­schaften aus“, sagt Ott, „wie etwa ihre extrem große Bindungs­länge von einigen hundert Nano­metern sowie ihre sehr großen elek­trischen Dipol­momente.“ Dabei können Moleküle eine räumlich getrennte positive und negative Ladung besitzen. Die neuen Ergeb­nisse ermöglichen es zum einen, die Wechsel­wirkung in nahezu jedem ultra­kalten Gas zu ändern. Zum anderen eröffnen sie auch neue Anwendungs­möglichkeiten wie die direkte Kontrolle von Mehrteilchen­wechsel­wirkungen. „Aber auch Wechsel­wirkungen mit längeren Reichweiten als bislang möglich lassen sich so künftig induzieren“, nennt der Physiker als weiteres Beispiel. „Damit könnten in Zukunft neuartige Materie­zustände in ultra­kalten Gasen realisiert werden.“

TUK / JOL

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