15.12.2011

Weder Riese noch Zwerg

Frühe Beobachtung der nächstgelegenen Sternexplosion vom Typ Ia seit 25 Jahren liefert neue Informationen über kosmische Standardkerzen.

Am 24. August leuchtete in der Feuerrad-Galaxie M101 eine Supernova vom Typ Ia auf. Explodierende Sterne dieses Typs dienen den Astronomen als Standardkerzen bei der Vermessung des Kosmos. Trotz dieser wichtigen Rolle gibt es bislang keine definitive Theorie der Explosionen. Klar ist lediglich, dass bei Supernovae des Typs Ia ein Weißer Zwerg explodiert, der Teil eines Doppelsternsystems ist. Ob der zweite Stern aber ein Roter Riese, ein normaler Stern oder ebenfalls ein Weißer Zwerg ist, war bislang völlig unklar.

Abb.: Die Supernova 2011fe in der Feuerrad-Galaxie M101 (Bild: B. J. Fulton / LCOGT / PTF / Space Telescope Science Institute)

Das beginnt sich mit den Beobachtungen der Supernova 2011fe in Galaxie M101 zu ändern. Zum einen ist die Feuerrad-Galaxie gerade einmal 21 Millionen Lichtjahre von uns entfernt – kosmologisch gesehen ist das noch unsere Nachbarschaft und es macht SN 2011fe zur uns am nächsten liegenden Supernova seit 25 Jahren. Zum anderen wurde der explodierende Stern dank eines automatischen Überwachungsprogramms – der Palomar Transient Factory – bereits elf Stunden nachdem er am Himmel aufleuchtete von den Astronomen entdeckt – das ist ein neuer Rekord. Schon 16 Stunden nach dieser Entdeckung konnten die Forscher mit einem Roboter-Teleskop auf den Kanarischen Inseln ein erstes Spektrum der Explosion aufnehmen.

Aus der frühen Helligkeitsentwicklung und den ersten Spektren der Supernova leitete dann ein internationales Forscherteam um Peter Nugent von der University of California in Berkeley die Größe und chemische Zusammensetzung des explodierten Sterns ab. Es handelt sich tatsächlich um einen Weißen Zwerg, der überwiegend aus Kohlenstoff und Sauerstoff besteht, wie es die Theorie vorhersagt. Aus der Lichtkurve schließen die Astronomen außerdem, dass der zweite Stern in dem Doppelsystem keine Roter Riese sein kann. „Wenn es dort einen Riesenstern in einer engen Umlaufbahn gegeben hätte, dann hätten wir eine Art Feuerwerk sehen müssen, sobald die Trümmer der Supernova auf ihn geprallt wären“, so Daniel Kasen, ein ebenfalls an den Beobachtungen beteiligter Astrophysiker von der University of California in Berkeley. „Aber wir haben solche Blitze nicht beobachtet. Daraus schließen wir, dass der Begleiter nicht viel größer sein kann als unsere Sonne.“

Das bestätigt auch die Untersuchung eines zweiten Forscherteams. Einige seiner Mitglieder waren auch an der ersten Untersuchung beteiligt. Die Forscher um Weidong Li, ebenfalls von der University of California in Berkeley, haben auf alten Aufnahmen des Hubble Space Telescopes an der Position der Supernova nach dem Vorgängerstern gesucht – und nichts gefunden. Wenn es dort einen Roten Riesen gäbe, müsste er auf den Bildern jedoch zu sehen sein.

Auch ein System aus zwei Weißen Zwergen glauben Nugent und seine Kollegen auf Basis der Lichtkurve ausschließen zu können. Bei diesem Szenario stoßen die beiden Zwergsterne zusammen und lösen so die thermonukleare Explosion aus.

Die bislang besten Simulationen dieses Vorgangs zeigen, dass dabei Trümmer des zweiten Sterns weit herausgeschleudert werden. Wenn dann die Schockwelle der Explosion durch diese Trümmerwolke pflügt, heizt sie die Sternüberreste auf und führt so zu einem charakteristischen Strahlungsausbruch – den die Astronomen bei SN 2011fe dank der frühen Beobachtungen hätten sehen müssen, aber nicht gesehen haben.

So bleibt als einzige Alternative ein normaler Hauptreihenstern als Begleiter des explodierten Weißen Zwergs übrig. Allerdings ist in zweifacher Hinsicht Vorsicht geboten. So weisen Nugent und seine Kollegen selbst darauf hin, dass der Ausschluss eines Weißen Zwergs als Begleiter auf theoretischen Modellen basiert und daher nicht auf so sicherem Boden steht wie der Ausschluss des Roten Riesen. Und zum Anderen gelten die Schlussfolgerungen der Forscher bislang natürlich nur für die Supernova 2011fe – ob sie sich auf alle Supernovae des Typs Ia verallgemeinern lassen, können letztlich nur weitere Beobachtungen, möglichst an noch näher gelegenen Supernovae, zeigen. Doch explodierende Sterne dieser Art sind seltene Phänomene, in einer typischen Galaxie wie unserer Milchstraße gibt es etwa eine davon in zweihundert Jahren. Es kann daher einige Jahrzehnte dauern, bis die Astronomen wieder die Gelegenheit haben, eine Supernova in unserer kosmischen Nachbarschaft zu beobachten.

Rainer Kayser

PH

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