29.01.2018

Weiche Roboter aus einem Guss

Ein einziges Material gibt weichen Robotern ihre Form und sorgt gleichzeitig für ihren Antrieb.

Die Entwicklung weicher Roboter schreitet zügig voran. Im Vergleich zu ihren herkömm­lichen, aus Metall­teilen zusammen­gebauten Pendants, weisen sie einzig­artige Eigen­schaften auf, die sie für eine Vielzahl neuer Anwen­dungen empfehlen. So sind sie in der Regel flexibler und können ihr Potenzial überall dort entfalten, wo der Bewegungs­spielraum gering oder das Terrain unüber­sichtlich ist. Sie zwängen sich durch enge Spalten und gelangen an Orte, die sowohl für Menschen als auch für starres Gerät unzu­gänglich sind. Und eines Tages werden sie vielleicht sogar im Inneren unserer Körper ihre Arbeit verrichten.

Abb.: Der weiche Roboter besteht aus nur einem einzigen Stück Polymerfolie. Zunächst wird sie per Falten in Form gebracht, dann werden durch lokale Bestrahlung die aktiven Regionen eingefügt, die unter thermischer Anregung die Flügel bewegen. (Bild: B. Jin et al., Sci. Adv.)

Genau wie herkömm­liche Roboter müssen aber auch sie aus mehreren - wenn auch weichen - Kompo­nenten zusammen­gebaut werden. Ein Umstand, den eine chine­sische Forscher­gruppe an der Univer­sität Zhejiang so nicht länger hinnehmen will. Sie verfolgen die Vision eines Roboters, der aus nur einem einzigen Stück besteht und dennoch unter­schiedliche Funktionen erfüllt. Mit der Entwicklung eines Polymers, das einem Roboter sowohl seine Form verleiht als auch für seinen Antrieb sorgt, sind die Forscher ihrem Ziel nun einen Schritt näher­gekommen.

Zum einen lässt sich aus einem Blatt des neuen Materials wie beim Origami eine Figur falten. Im aktuellen Fall handelt es sich um einen Kranich, der durch eine an­schließende Wärme­behandlung stabi­lisiert wird. Zum anderen lässt sich das Material durch Bestrahlung so modi­fizieren, dass es lokal andere Eigen­schaften bekommt und sich die so behandelten Bereiche unter Temperatur­schwankungen ausdehnen beziehungs­weise zusammen­ziehen. Das ermög­licht es dem Origami-Kranich, mit seinen Flügeln zu schlagen.

An der Univer­sität Zhejiang beschäftigt man sich bereits seit Längerem mit Soft Robotics. So haben die Forscher dort schon 2014 einen elek­tronischen Fisch vorgestellt, der durch sanfte Bewegungen seiner Flossen ange­trieben wurde. Die Flossen bestanden aus einem über einen Rahmen gespannten Silikon­film. Als Antrieb beziehungs­weise „Muskel“ diente ein dielek­trisches Polymer, das sich beim Anlegen einer elek­trischen Spannung verbiegt. Strom­versorgung und Steuerung erfolgten über herkömm­liche elek­tronische Kompo­nenten, die der Roboter mit sich führte und so beim Schwimmen eine Effizienz erreichte, die vergleich­bar war mit einer echten Forelle.

Trotz dieses vielver­sprechenden Ergeb­nisses störten sich die Forscher der aktuellen Studie am kompli­zierten Aufbau des künst­lichen Fisches, der aus vielen unter­schiedlichen Komponenten zusammen­gebaut werden musste. Auch wenn ihre nun präsen­tierten, aus einem einzigen Stück Polymer­folie bestehenden Roboter noch eine deutlich geringere Funk­tionalität aufweisen, halten sie ihren Ansatz doch für richtungs­weisend und glauben, dass sich das neue Konzept auf unterschied­lichsten Ebenen durch­setzen könnte.

Die neu entwickelte Polyurethan­folie hat zwei wichtige Eigen­schaften. Zum einen lässt sie sich beliebig verformen oder falten und behält die neue Form, wenn man die induzierten Verspan­nungen bei einer Temperatur von 140 Grad Celsius ausheilt. Zum anderen kann man ihr lokal eine Art Formge­dächtnis verleihen. Dazu wird die Folie zunächst bei 80 Grad Celsius gedehnt und dann unter Aufrecht­erhaltung der Dehnung mit ultra­violettem Licht bestrahlt. Die Bestrahlung fixiert die durch die Dehnung ausge­richteten Polymer­ketten teilweise auch dann noch, wenn keine dehnende Kraft mehr wirkt. Aufgrund dieser teil­weisen Ausrichtung weist die Folie an den bestrahlten Stellen nun ein rever­sibles Form­gedächtnis auf: Bei einer Temperatur von null Grad Celsius dehnt sie sich aus, wird sie dagegen auf 80 Grad Celsius erhitzt, zieht sie sich wieder zusammen.

Da der so entstandene, rever­sible Antrieb seinen Ursprung in der Kristal­lisation und dem Schmelzen eines aniso­tropen Netzwerks hat, hängt die maximal erreich­bare Defor­mation von der ursprüng­lichen Dehnung vor der Bestrahlung ab und erreicht unter optimalen Bedingungen ein Maximum von vierzig Prozent. Sie bleibt unter mehr­fachen, zyklischen Anregungen durch Temperatur­schwankungen zwischen null und 80 Grad Celsius erhalten und zeigt auch nach über einem Monat Lagerung keine Verschlech­terung. Neben einfachen, linearen Dehnungen lassen sich mit der neuen Methode auch kom­plexere Verform­ungen wie Biegen oder Verdrehen reali­sieren.

Um mögliche Anwen­dungen für ihr neues Konzept anzudeuten, zeigen die Forscher einen Kranich, der mit den Flügeln schlägt. Dazu haben sie zunächst aus einem flachen Stück Folie eine einfache Kranich­figur gefaltet und die Form anschließend bei 140 Grad Celsius stabi­lisiert. An­schließend haben sie den Ansatz der Flügel lokal und unter Dehnung bestrahlt und so die nötigen Aktua­toren in das Material integriert. Da die Akti­vierung über die Umgebungs­temperatur erfolgt, bewegen sich die Flügel nur sehr langsam. Den Forschern zufolge wäre es aber denkbar, das Material so zu modi­fizieren, dass es über Induk­tion oder Bestrahlung thermisch angeregt werden kann.

Thomas Brandstetter

JOL

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