15.01.2009

Weitreichende Rydberg-Blockade

Zwei Rydberg-Atome beeinflussen sich über viele Mikrometer hinweg

Weitreichende Rydberg-Blockade

Zwei Rydberg-Atome beeinflussen sich über viele Mikrometer hinweg  

Quanteninformation in Form von Qubits kann man mit einzelnen Atomen speichern, die isoliert in magneto-optischen Fallen festgehalten werden. Mit Photonen lassen sich die Qubits dann von einem Atom zum anderen transportieren. Will man aber mit mehreren Qubits, die auf verschiedenen Atomen sitzen, Berechnungen durchführen, so sollten die Atome in einem verschränkten Zustand sein. Das kann man erreichen, indem man die Atome paarweise miteinander kollidieren lässt. Effizienter ist es aber, wenn man zwei Atome gezielt dazu bringen könnte, über große Distanzen miteinander zu wechselwirken und ihre Quantenzustände zu verschränken. Die sogenannte Rydberg-Blockade eröffnet diese Möglichkeit, wie Experimente in den USA und in Frankreich zeigen.

Abb.: Ein einzelnes Atom (rot) zeigt langsamere Rabi-Oszillationen zwischen Grund- und Rydberg-Zustand als zwei Atome (blau), die sich gegenseitig blockieren und dabei verschränken. (Bild: A. Gaëtan et al.)

Die Gruppen von Mark Saffman an der University of Wisconsin und von Philippe Grangier an der Université Paris-Sud haben einzelne Rubidium-87-Atome so angeregt, dass ihre Hauptquantenzahl n sehr hohe Werte zwischen 58 und 90 annahm. Die Atome wurden zu Rydberg-Atomen, die einerseits sehr langlebig waren und andererseits ein großes elektrisches Dipolmoment hatten. Dadurch konnten die Atome über Mikrometer hinweg miteinander wechselwirken –  statt nur über Nanometerdistanzen, wie es bei Kollisionen von „normalen“ Atomen der Fall ist. Durch diese langreichweitige Dipolwechselwirkung kann ein Rydberg-Atom bei einem anderen Atom die Energie eines Rydberg-Zustandes so verändern, dass dieser Zustand sich mit Laserlicht der ursprünglichen Anregungsenergie nicht mehr anregen lässt. Es kommt zur Rydberg-Blockade.  

Saffman und seine Kollegen haben die Rydberg-Blockade an zwei Rubidiumatomen untersucht, die in zwei Dipolfallen in einem Abstand von 10,2 µm festgehalten wurden. War das Kontrollatom im Grundzustand, so ließ sich das Zielatom mit abgestimmtem Laserlicht in den Rydberg-Zustand mit n=79 anregen und führte anschließend deutliche Rabi-Oszillationen zwischen Grund- und Rydberg-Zustand aus. Wurde jedoch zuerst das Kontrollatom durch einen kurzen Laserpuls in diesen Rydberg-Zustand gebracht, so ließ sich anschließend das Zielatom nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit durch das Laserlicht aus dem Grundzustand herausbringen. Die Rabi-Oszillationen zwischen dem Grund- und dem Rydberg-Zustand wurden sehr stark unterdrückt. Tauschten die Forscher die Rolle von Kontroll- und Zielatom aus, so fanden sie dasselbe Ergebnis. Benutzten sie hingegen den Rydberg-Zustand mit n=90, dessen Dipolwechselwirkung eine größere Reichweite hatte, so trat eine stärkere Rydberg-Blockade auf.  

Indem man das Kontrollatom in eine quantenmechanische Überlagerung aus Grund- und Rydberg-Zustand bringt, könnte man die Rydberg-Anregung des Zielatoms durch einen Lichtpuls teilweise blockieren und somit das Atom ebenfalls in einen solchen Überlagerungszustand bringen. Die Atome ließen sich somit über Mikrometer hinweg miteinander verschränken. Die Forscher um Saffman planen, auf diese Weise einen einfachen Quantenprozessor zu bauen, der mit zwei weitentfernten Atomen eine einfaches logisches Gatter wie z. B. CNOT realisiert. Dazu muss allerdings die Rydberg-Blockade noch verbessert werden. Die Forscher halten für das CNOT-Gatter Fehlerquoten von 0.001 erreichbar.  

Philippe Grangier und seine Kollegen haben an zwei Rubidiumatomen untersucht, wie weit die Rydberg-Blockade reicht, wenn die Atome in den Rydberg-Zustand mit n=58 angeregt wurden. Waren die Atome 18 µm voneinander entfernt, so ließen sich beide unabhängig voneinander und somit auch gleichzeitig anregen. Für einen Atomabstand von 3,6 µm trat jedoch keine gleichzeitige Anregung auf: Die Atome blockierten sich gegenseitig. Wurde die Dauer der Anregungspulse variiert, so ließen sich Rabi-Oszillationen der Atome zwischen Grundzustand |g> und Rydberg-Zustand |r> beobachten. Ein einzelnes, unblockiertes Atom oszillierte mit einer bestimmten Frequenz zwischen |g> und |r>. Zwei Atome, die sich gegenseitig blockierten, führten mit einer um √2 höheren Frequenz Rabi-Oszillationen zwischen |g,g> und dem einfach angeregten und verschränkten Zustand |g,r> + exp(iφ)|r,g> aus, wobei die relative Phase vom Abstand der beiden Atome und von der Wellenlänge des Anregungspulses abhing. Den Forschern ist es also tatsächlich gelungen, mit Hilfe der Rydberg-Blockade über Mikrometerentfernung die Atome in einen verschränkten Zustand zu bringen.

RAINER SCHARF  


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