Wellendesign von hohen Harmonischen
Orientierung von Kristallen beeinflusst die Emission kurzer Lichtpulse.
Um die Eigenschaften von Licht möglichst präzise zu kontrollieren, möchte man am besten die zeitliche Form der Lichtwellen direkt einstellen. Das ist umso schwieriger, je höher die Schwingungsfrequenz ist. Ein Team von Physikern aus Regensburg, Marburg und Ann Arbor hat nun eine Methode entwickelt, um Lichtwellen, die von beschleunigten Elektronen in einem Festkörper abgestrahlt werden, mit Hilfe der Kristallsymmetrie maßzuschneidern.
Abb.: Eine polarisations-geformte Lichtwelle „hoher Harmonischer“ wird in einem Volumenkristall erzeugt .(Bild: F. Langer, U. Regensburg)
Seit einigen Jahren können Physiker extrem kurze ultraviolette Lichtblitze erzeugen. Zu diesem Zweck wird die Generation hoher Harmonischer genutzt. Dabei entreißt ein intensiver Laser im nahinfraroten Spektralbereich gasförmigen Atomen ihre Elektronen, um sie wenig später wieder zurück in den Kern zu schleudern und bei der Kollision ultraviolettes Licht zu erzeugen. Dieser Prozess erfolgt derart rasant, dass das Licht in äußerst kurzen Impulsen emittiert wird, die nur einige zehn Attosekunden dauern. Dieser extrem kurze Augenblick stellt die natürliche Zeitskala für die Bewegung von Elektronen in Atomen, Molekülen und Festkörpern dar.
Um solche Vorgänge zu beobachten, benutzen Forscher heute Attosekunden-Lichtblitze, mit denen sie eine Folge superschneller Schnappschüsse nach dem Prinzip einer Stroboskopkamera aufnehmen und zu einem Zeitlupenfilm zusammenfügen. Präzise Hochgeschwindigkeitsaufnahmen erfordern eine möglichst genaue Kontrolle dieser Lichtblitze. Am liebsten würde man die Wellenform eines Lichtimpulses selbst maßschneidern, anstatt nur seine Helligkeit oder Zeitdauer einzustellen. Nun gelang es den Physikern, genau dies in einem Festkörper-Kristall zu erreichen. Wenn man die Symmetrie des Kristalls geschickt ausnutzt, können ultrakurze Wellenformen mit einer Detailgenauigkeit geformt werden, die in atomaren Gasen fehlt.
Die Experimente wurden an der Hochfeld-Terahertz-Quelle an der Universität Regensburg durchgeführt, wo hohe Harmonische in einem Volumenhalbleiter erzeugt werden. Zum ersten Mal gelang es den Wissenschaftlern, Details der Trägerwelle der hohen Harmonischen aufzulösen. Darüber hinaus zeigten sie, dass die Kristallorientierung die Lichtemission in einer verblüffenden Art beeinflusst: Für bestimmte Richtungen hat jeder zweite ausgesandte Lichtimpuls das genau umgekehrte Vorzeichen seines Vorgängers.
Die Kristallsymmetrie kann außerdem dazu genutzt werden, eine beliebige Polarisation der Lichtwelle einzustellen. Die experimentellen Ergebnisse wurden durch eine quantenmechanische Simulation von den Physikern aus Marburg und Ann Arbor als raffinierter Interferenzmechanismus der angeregten und beschleunigten Elektronen erklärt. Maßgeschneiderte Lichtwellen aus Festkörper-basierten Attosekunden-Quellen dürften schon bald in neuen superschnellen Zeitlupenkameras zum Einsatz kommen. Außerdem könnten sie als extrem schnelle Vorspannung genutzt werden, um elektrische Ströme zu treiben. Dieses Prinzip könnte eine qualitativ neue Art Lichtwellen-getriebener Elektronik ermöglichen, welche die Taktraten aktueller elektronischer Bauelemente millionenfach übertrifft.
UR / JOL