14.03.2017

Wellendesign von hohen Harmonischen

Orientierung von Kristallen beeinflusst die Emission kurzer Lichtpulse.

Um die Eigen­schaften von Licht möglichst präzise zu kontrol­lieren, möchte man am besten die zeitliche Form der Licht­wellen direkt einstellen. Das ist umso schwieriger, je höher die Schwingungs­frequenz ist. Ein Team von Physikern aus Regensburg, Marburg und Ann Arbor hat nun eine Methode entwickelt, um Licht­wellen, die von beschleunigten Elektronen in einem Festkörper abgestrahlt werden, mit Hilfe der Kristall­symmetrie maßzu­schneidern.

Abb.: Eine polarisations-geformte Lichtwelle „hoher Harmonischer“ wird in einem Volumenkristall erzeugt .(Bild: F. Langer, U. Regensburg)

Seit einigen Jahren können Physiker extrem kurze ultra­violette Licht­blitze erzeugen. Zu diesem Zweck wird die Generation hoher Har­monischer genutzt. Dabei entreißt ein intensiver Laser im nahinfra­roten Spektral­bereich gasförmigen Atomen ihre Elektronen, um sie wenig später wieder zurück in den Kern zu schleudern und bei der Kollision ultra­violettes Licht zu erzeugen. Dieser Prozess erfolgt derart rasant, dass das Licht in äußerst kurzen Impulsen emittiert wird, die nur einige zehn Atto­sekunden dauern. Dieser extrem kurze Augenblick stellt die natür­liche Zeitskala für die Bewegung von Elektronen in Atomen, Molekülen und Fest­körpern dar.

Um solche Vorgänge zu beobachten, benutzen Forscher heute Atto­sekunden-Lichtblitze, mit denen sie eine Folge super­schneller Schnapp­schüsse nach dem Prinzip einer Stroboskop­kamera aufnehmen und zu einem Zeitlupen­film zusammen­fügen. Präzise Hoch­geschwindigkeits­aufnahmen erfordern eine möglichst genaue Kontrolle dieser Licht­blitze. Am liebsten würde man die Wellen­form eines Licht­impulses selbst maß­schneidern, anstatt nur seine Helligkeit oder Zeitdauer einzustellen. Nun gelang es den Physikern, genau dies in einem Fest­körper-Kristall zu erreichen. Wenn man die Symmetrie des Kristalls geschickt ausnutzt, können ultra­kurze Wellenformen mit einer Detail­genauigkeit geformt werden, die in atomaren Gasen fehlt.

Die Experimente wurden an der Hochfeld-Tera­hertz-Quelle an der Universität Regens­burg durchgeführt, wo hohe Harmo­nische in einem Volumen­halbleiter erzeugt werden. Zum ersten Mal gelang es den Wissen­schaftlern, Details der Träger­welle der hohen Har­monischen aufzulösen. Darüber hinaus zeigten sie, dass die Kristall­orientierung die Licht­emission in einer verblüf­fenden Art beein­flusst: Für bestimmte Richtungen hat jeder zweite ausge­sandte Lichtimpuls das genau umgekehrte Vorzeichen seines Vorgängers.

Die Kristall­symmetrie kann außerdem dazu genutzt werden, eine beliebige Polari­sation der Lichtwelle einzustellen. Die experi­mentellen Ergeb­nisse wurden durch eine quanten­mechanische Simulation von den Physikern aus Marburg und Ann Arbor als raffi­nierter Interferenz­mechanismus der angeregten und beschleu­nigten Elektronen erklärt. Maßge­schneiderte Lichtwellen aus Fest­körper-basierten Atto­sekunden-Quellen dürften schon bald in neuen superschnellen Zeitlupen­kameras zum Einsatz kommen. Außerdem könnten sie als extrem schnelle Vor­spannung genutzt werden, um elektrische Ströme zu treiben. Dieses Prinzip könnte eine qualitativ neue Art Lichtwellen-getriebener Elektronik ermög­lichen, welche die Taktraten aktueller elek­tronischer Bauelemente millionen­fach übertrifft.

UR / JOL

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