26.06.2017

Wenn der Schwarm die Biege macht

Auch in großen Schwärmen können Simulationen zufolge einzelne Akteure das Gesamtverhalten beeinflussen.

Wenn sich Millionen einzelner Organismen in einem Schwarm bewegen, wirkt das oft willkürlich, beinahe chaotisch. Bricht eines der Kleinst­lebewesen aus dem großen Ganzen aus, verändert sich der ganze Schwarm. Mikro­schwimmer sind kleinste Einheiten, die sich innerhalb von Flüssigkeiten ausbreiten – Bakterien oder Spermien sind typische Beispiele dafür. Physiker und Informatiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben erstmals einen großen Schwarm simuliert und dargestellt, wie die einzelnen Schwimmer im Verbund miteinander agieren.

Ausgehend von den Eigenschaften natürlicher, biologischer Schwimmer bieten künstliche Nachbildungen zahlreiche Anwendungs­möglichkeiten, zum Beispiel in medizinischen oder material- und umwelt­wissenschaftlichen Bereichen. So könnten Mikro­schwimmer möglicherweise Medikamente zielgenau zu Krankheits­herden wie Tumoren transportieren. Für derartige zukünftige Anwendungen ist es allerdings nötig, genau zu verstehen, wie verschiedene Kräfte von außen die Mikro­schwimmer beeinflussen und wie sie reagieren und unter­einander agieren.

Bricht nur ein einziger Mikroschwimmer aus dem Gefüge des großen Schwarms aus, so kann dies die Bewegung der gesamten Gruppe ändern. Bislang hat die Forschung vor allem die einzelnen Schwimmer betrachtet. Im Gegensatz dazu haben die Erlanger Forscher um Sunana-Smith und Ulrich Rüde vom Lehrstuhl für System­simulation nun nicht nur die Geometrie der Mikro­schwimmer, sondern auch die einzelnen Kräfte, die wechselseitig wirken, untersucht. Die durchgeführte Simulation ist in ihrer Größen­ordnung bislang weltweit einzigartig.

Dafür nutzten die Wissenschaftler die an der FAU entwickelten Simulations­programme waLBerla und pe. Die Programme ermöglichen es, große Gruppen vollständig geometrisch aufgelöster und beliebig geformter Partikel in Strömungen zu simulieren. Die Schwimmer wurden durch drei Kugeln, die mit zwei Spring­federn verbunden sind – ähnlich einem Jo-Jo –, dargestellt und dann verschiedenen Kräften der flüssigen Umgebung ausgesetzt.

WaLBerla und pe haben gemessen, wie schnell sich die Schwimmer bewegen und wie sie während der Bewegung miteinander und ihrer Umgebung agieren. Die Möglichkeit der Programme, bis zu 11.000 Berechnungen parallel ablaufen zu lassen, ermöglicht es, schrittweise ein Bild davon zu erlangen, wie kompliziert Schwarm­strukturen werden, wenn einfache Mikro­schwimmer in großen Zahlen interagieren. Dadurch lassen sich auch große Schwärme in hoher Detailtreue simulieren.

FAU / DE

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