Wenn Lampen flackern
Flackerne Lampen können nerven. Hochgeschwindigkeits-Videos zeigen: dahinter steckt viel Physik.
Bereits 1956 wurde in einer Veröffentlichung zur Beleuchtungsplanung für Arbeitsräume darauf hingewiesen, dass einfache Entladungslampen hundert Lichtstromschwingungen pro Sekunde aussenden. Bei neuen Entladungslampen sind starke Lichtschwankungen praktisch gänzlich eliminiert. Dennoch können sie noch gelegentlich in mit alten Lampen ausgestatteten Räumen wahrgenommen werden, zum Beispiel in Hotelzimmern. Vielleicht liegt es daran, dass Hoteliers sich gern große Vorräte an Lampen zulegen und diese erst nach und nach durch neue Modelle ersetzen.
So zeigen Hochgeschwindigkeits-Videos einer Hoteldeckenlampe starke Helligkeitsschwankungen.
Eine Entladungslampe mit starken Helligkeitsschwankungen, aufgenommen mit der Highspeed-Kamera Casio Exilim FH 100 (1000 Bilder pro Sekunde, Integrationszeit 1/20 000 s, M. Vollmer, K.-P. Möllmann).
Bei einer anderen Lampe in einem Hotel in London ließ sich das Flackern sogar mit bloßem Auge feststellen. Nach Abschrauben der Lampenverkleidung zeigte sich eine mehrfach gebogene Entladungslampe, deren Lichtemission starke Helligkeitsschwankungen zeigte. Darüber hinaus wechselte auch die Farbe in Abhängigkeit von der Lichtemission (Video). Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass zur Weißlichterzeugung meist drei Phosphore mit recht scharfen Linienspektren verwendet werden. Die grüne Emission mit Peak im Maximum der Hellempfindlichkeitskurve des menschlichen Auges dominiert bei wenig Licht, das durch die kleinen Integrationszeiten bewirkt wird.
Ähnlich starke Helligkeitsschwankungen lassen sich auch bei einer Schreibtischlampe mit Entladungsröhre beobachten (Video). Bei alten Entladungslampen ist gelegentlich direkt nach dem Kaltstart auch das periodische Hin-und-Herwandern von räumlichen Strukturen in der positiven Säule sichtbar (Video).
Die Leuchterscheinungen von Gasentladungen hängen in komplizierter Weise von Änderungen der Gasbedingungen (vor allem dem Druck) ab. Insbesondere können Raumladungen und Wandrekombination unter Umständen solche räumlich periodisch verstärkten Leuchterscheinungen bewirken. Bei längerem Betrieb liegen stabile Bedingungen ohne solche räumlichen Strukturen vor.
Es gibt verschiedene Methoden, diese zeitlichen Lichtschwankungen zu unterdrücken. So gab es bereits vor über 50 Jahren den Vorschlag, über Arbeitsplätzen mindestens drei Lampen anzubringen, die jeweils mit unterschiedlichen Phasen des Drehstromnetzes betrieben werden. Dadurch wird die Beleuchtungsstärke zeitlich gemittelt, obwohl bei direkter Beobachtung von Einzellampen – je nach Typ – Oszillationen mit Modulationstiefen von über 40 % auftreten können. Die Modulationstiefe ist definiert als (Lmax-Lmin)/(Lmax+Lmin) mit der Leuchtdichte L in cd/m2.
Darüber hinaus wurden elektronische Vorschaltgeräte entwickelt, welche die Betriebsfrequenz der Lampen von 50 Hz erheblich nach oben setzen, bis hin zu 40 kHz, was zu deutlich geringeren Lichtmodulationstiefen bis bestenfalls sogar unter 1 % führt. Das menschliche Auge ist für diese viel schneller erfolgenden Lichtwechsel mit viel geringeren Schwankungen nicht mehr so empfindlich. Wie kommt diese geringere Modulationstiefe zustande?
Bei üblichen Lampen mit Quecksilber-Entladungsröhren erfolgt die Lichtemission im Sichtbaren in einem mehrstufigen Prozess. Zunächst führt die Entladung durch inelastische Stoßprozesse zur Anregung von Quecksilberatomen bei deren Abregung mit einer Zeitskala unter 10-7 s im Wesentlichen UV-Strahlung bei 254 nm emittiert wird. Diese Strahlung wird anschließend in der mit mit Phosphoren beschichteten Innenwand der Lampen absorbiert und von diesen in sichtbares Licht umgewandelt. Hierbei spielt die Lebensdauer der angeregten Zustände im Phosphor eine große Rolle.
Bei einer Betriebsfrequenz von 50 Hz ergeben sich alle 10 ms Nulldurchgänge der Spannung, was jeweils eine vorübergehende Verringerung der Ionisation zur Folge hat. Wegen der schnellen Abregung der Hg-Atome führt dies zu einer nahezu zeitgleichen Verringerung an UV-Quanten. Die Modulation der sichtbaren Strahlung wird dann im Wesentlichen durch die Lebensdauer der beteiligten Phosphore bedingt. Diese können – je nach Anwendung – in weiten Grenzen variieren. Im Allgemeinen sind in Lampen Zeitkonstanten in der Größenordnung von Millisekunden üblich, was kleiner oder zumindest ähnlich wie die 10-ms-Variation bei 50-Hz-Betrieb ist.
Entsprechend können sich Anregungsmodulationen im 10-ms-Takt auch auf die Ausbeute sichtbaren Lichts übertragen. Anders wird dies bei Anregung mit Frequenzen im 10-kHz-Bereich. Beträgt beispielsweise bei 10 kHz Betriebsfrequenz die charakteristische Zeitskala der Anregungsmodulation 1/20000 s, während die Phosphorzeitkonstante gleich bleibt in der Größenordnung von Millisekunden; dann dominiert Letztere die Lichtemission. Das führt automatisch zu weitaus kleineren Modulationen der Ausbeute im sichtbaren Licht.
Michael Vollmer, Klaus-Peter Möllmann, FH Brandenburg
Der Originalbeitrag mit Abbildungen und weiterführender Literatur ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen. Er steht bis zum 22.8.2014 zum freien Download zur Verfügung.