28.02.2012

Werkzeug der Optogenetik entschlüsselt

Forscher erklären mit Infrarotspektroskopie und Computersimulationen Funktion des Proteins Kanalrhodopsin.

Nervenzellen mit Hilfe von Licht kontrollieren: das ermöglicht die Optogenetik. Sie erlaubt mit bisher unerreichter räumlicher und zeitlicher Präzision beispielsweise neurobiologische Prozesse zu untersuchen. Das Schlüsselwerkzeug der Optogenetik ist das lichtaktivierbare Protein Kanalrhodopsin. Bisher war wenig über die Funktionsweise des Proteins bekannt – insbesondere darüber, wie sich der Kanal für den Durchgang von Ionen öffnet. Ein tieferes Verständnis ist jedoch Voraussetzung, um das lichtgesteuerte Protein für neurobiologische Anwendungen gezielt einsetzen zu können. In einem neuen, fachübergreifenden Ansatz haben Bochumer Wissenschaftler um Klaus Gerwert (Lehrstuhl für Biophysik an der RUB) und ihre Berliner Kooperationspartner den Schaltmechanismus herausgearbeitet: Die durch Licht induzierte Veränderung der Aminosäure Glutamat 90 (E90) löst ein verstärktes Eindringen von Wassermolekülen aus, so dass das Protein nun gezielt Ionen durch die Zellmembran leiten kann.

Abb.: Das Bochumer Homologiemodell sagte die Struktur eines Kanalrhodopsins so gut vorher, dass sogar Aussagen zur Funktion getroffen werden konnten. Die Abbildung zeigt die Vorhersage im Vergleich zur späteren Kristallstruktur. (Bild: Lehrstuhl f. Biophysik, RUB)


Die Biophysiker Jens Kuhne und Erik Freier konnten mittels zeitaufgelöster Infrarot-Spektroskopie erstmals zeigen, dass der Kanal durch die Deprotonierung der Aminosäure Glutamat 90 (E90) geöffnet wird. Ergänzend bestätigen elektrophysiologische Experimente der Berliner Forscher, dass eine Mutation der Aminosäure zu einer veränderten Ionendurchlässigkeit des Proteins führt. Die beiden Biophysiker Kirstin Eisenhauer und Steffen Wolf am Biophysik-Lehrstuhl nutzten Hochleistungsrechner, um zu simulieren wie der Protonierungswechsel des Glutamats den Kanal öffnet und Wassermoleküle eindringen lässt.

Die Arbeit bekommt gerade jetzt eine besondere Bedeutung, weil japanische Forscher kurz nach der Bochumer Vorab-Veröffentlichung im Internet die dreidimensionale Struktur eines Kanalrhodopsins in „Nature“ ebenfalls online veröffentlichten. „Die Strukturarbeit bestätigt unsere biomolekularen Simulationen und die Schlüsselrolle der Aminosäure E90 für das Schalten des Kanals“, sagt Klaus Gerwert.

Die Optogenetik wurde 2010 in „Nature Methods“ als „Method of the year“ ausgezeichnet. Forschern ist es mit dieser Methode z. B. gelungen, bei blinden Mäusen die Sehkraft wiederherzustellen.

RUB / PH

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