Werkzeug für chirale Materialien
Neues Instrument bei BESSY II ermöglicht magnetische Röntgenstreuung im reziproken Raum.
Informationen über komplexe magnetische Strukturen sind entscheidend für das Verständnis und die Entwicklung spintronischer Materialien. Jetzt steht bei BESSY II ein neues Instrument namens ALICE II zur Verfügung. Es ermöglicht magnetische Röntgenstreuung im reziproken Raum mit Hilfe eines neuen großflächigen Detektors. Ein Team des HZB und der Technischen Universität München hat die Leistungsfähigkeit von ALICE II demonstriert und helikale und konische magnetische Zustände in einem Einkristall mit Skyrmionen analysiert. Das neue Instrument steht nun auch Messgästen an BESSY II zur Verfügung.
ALICE II wurde von Florin Radu und der Konstruktionsabteilung am HZB in enger Zusammenarbeit mit Christian Back von der Technischen Universität München und seiner technischen Unterstützung konzipiert und gebaut. „ALICE II verfügt über eine einzigartige Fähigkeit: Es ermöglicht magnetische Röntgenstreuung im reziproken Raum mit einem neuen großflächigen Detektor bis zu den höchsten erlaubten Reflexionswinkeln“, erklärt Radu. Um die Leistungsfähigkeit des neuen Instruments zu demonstrieren, untersuchten die Wissenschaftler eine polierte Probe von Cu2OSeO3.
Cu2OSeO3 ist ein Mott-Isolator mit einer kubischen Kristallstruktur, die jedoch keine Inversionssymmetrie aufweist. Dadurch kommt es zu einer spiralförmigen magnetischen Ordnung: Die magnetischen Spins drehen sich im oder gegen den Uhrzeigersinn in Bezug auf die Ausbreitungsrichtung. Das magnetische Ion ist Kupfer, und die Chiralität der magnetischen Struktur kann durch äußere Reize nicht umgekehrt werden. Die hohe Probenqualität ist dabei von entscheidender Bedeutung und wurde von Aisha Aqueel sichergestellt.
Mit zirkular polarisierter Röntgenstrahlung konnte die Gruppe helikale und konische magnetische Modulationen als Satellitenreflexionen beobachten. „Mehr noch: Die Chiralitätsinformation der zugrundeliegenden Spin-Texturen ist als dichroitische Intensität kodiert“, betont Radu. Dies zeigt einen neuen Weg, um chirale und polare magnetische Texturen zu untersuchen, und zwar mit höchster räumlicher Auflösung und auf sehr kurzen Zeitskalen, wie sie für Synchrotron-Röntgenexperimente typisch sind.
HZB / DE
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
V. Ukleev et al.: Chiral surface spin textures in Cu2OSeO3 unveiled by soft x-ray scattering in specular reflection geometry, Sci. Technol. Adv. Mater. 23, 682 (2022); DOI: 10.1080/14686996.2022.2131466 - Spin and Topology in Quantum Materials (O. Rader), Helmholtz-Zentrum Berlin