Weyl-Fermionen im Paramagneten
Nutzung von Weyl-Fermionen in der Computertechnologie möglich.
Weyl-Fermionen könnten eine Rolle in einer energieeffizienteren Elektronik der Zukunft spielen. Experimentell wurden sie nur im Inneren von Materialien nachgewiesen. Dort liegen sie als Quasiteilchen vor, die sich wie masselose Teilchen verhalten. Theoretisch wurden sie bereits 1929 vom Mathematiker Hermann Weyl vorhergesagt, ihre experimentelle Entdeckung folgte jedoch erst 2015. Bislang waren Weyl-Fermionen nur in bestimmten nichtmagnetischen Materialien beobachtet worden. Nun jedoch hat ein Forscherteam am Paul Scherrer Institut PSI zusammen mit Wissenschaftlern in den USA, China, Deutschland und Österreich sie auch in einem paramagnetischen Material gefunden. Damit ist man einer möglichen Nutzung von Weyl-Fermionen in der Computertechnologie einen Schritt näher gekommen.
„Der schwierige Teil war“, sagt Junzhang Ma, „ein erfolgversprechendes magnetisches Material für die Suche nach diesen Weyl-Fermionen zu finden.“ Obwohl durch die theoretische Physik die Existenz von Weyl-Fermionen in bestimmten magnetischen Materialien schon vor Jahren als möglich angesehen wurde, fehlte bislang der experimentelle Nachweis trotz wesentlicher Anstrengungen mehrerer Forschergruppen weltweit. Ma und Kollegen hatten dann die Idee, ihre Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gruppe von magnetischen Materialien zu richten: Paramagnete mit innewohnenden Fluktuationen des magnetischen Feldes, die vergleichsweise langsam sind.
„In bestimmten paramagnetischen Materialien könnten diese intrinsischen magnetischen Fluktuationen ausreichen, um ein zusammengehörendes Paar von Weyl-Fermionen zu erzeugen“, sagt Ming Shi. „Aber uns war bewusst, dass diese Fluktuationen langsam genug sein müssen, damit die Weyl-Fermionen entstehen können. Von da an lag die Herausforderung darin, herauszufinden, welches Material genügend langsame, magnetische Fluktuationen haben könnte.“ Da es kein Nachschlagewerk mit den Geschwindigkeiten der magnetischen Fluktuationen aller Materialien gibt, kostete es die Forscher einige Zeit und Mühe, ein geeignetes Material für ihr Experiment zu finden. Eine Modellanalyse von Seiten der theoretischen Physik half ihnen, einen vielversprechenden Kandidaten mit langsamen magnetischen Fluktuationen auszumachen: Europium-Cadmium-Arsenid. Und tatsächlich: In diesem paramagnetischen Material konnten die Wissenschaftler Weyl-Fermionen experimentell nachweisen.
Für ihre Experimente nutzten die Forscher zwei der Großforschungsanlagen des PSI: Zunächst halfen ihnen Messungen an der Myonenquelle SμS, die magnetischen Fluktuationseigenschaften ihres Materials besser zu verstehen. Anschließend wiesen sie die Weyl-Fermionen mit einem Röntgenspektroskopieverfahren an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS nach. „Wir haben gezeigt, dass Weyl-Fermionen in einer größeren Bandbreite von Materialien existieren können als bisher angenommen“, sagt Junzhang Ma. Damit erweitert dieses Forschungsergebnis deutlich die Bandbreite der Materialien, die für die Elektronik der Zukunft in Frage kommen. In Spintronik-Modulen könnten Weyl-Fermionen verwendet werden, um Informationen mit viel höherer Effizienz zu transportieren, als Elektronen in der heutigen Technologie dies tun.
PSI / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
J.-Z. Ma et al.: Spin fluctuation induced Weyl semimetal state in the paramagnetic phase of EuCd2As2, Sci. Adv. 5, eaaw4718 (2019); DOI: 10.1126/sciadv.aaw4718 - Spektroskopie neuartiger Materialien, Paul Scherrer Institut PSI, Villigen, Schweiz