Wie Atome in Nanomaterialien vibrieren
Analyse der Gittervibrationen hilft, nanostrukturierte Materialien systematisch weiterzuentwickeln.
Materialien bestehen aus Atomen, die bei Raumtemperatur vibrieren. Die kollektiven Gitterschwingungen, auch Phononen genannt, sind für Eigenschaften wie Wärme- und Ladungstransport verantwortlich. Gitterschwingungen in Metallen, Halbleitern und Isolatoren sind heute gut erforscht. Bisher war allerdings unklar, wie sie sich in neuen, nanostrukturierten Materialien verhalten, von denen man sich bessere Displays, Sensoren, Batterien und katalytische Membranen verspricht. Vanessa Wood von der ETH Zürich und ihrem Team gelang es jetzt zu zeigen, wie sich Gitterschwingungen in Nanopartikeln verhalten und wie dieses Wissen systematisch für die gezielte Entwicklung von nanostrukturierten Materialien verwendet werden kann.
Abb.: Die starken Gitterschwingungen in der Hülle von Nanokristallen sind für eine schlechtere Umwandlungseffizienz von Licht in elektrische Energie verantwortlich. (Bild: D. Bozyigit, ETH Zürich)
Bei Materialien mit einer Größe von weniger als zehn bis zwanzig Nanometern sind Schwingungen von Oberflächenatomen besonders ausgeprägt und haben einen wichtigen Einfluss auf die Materialeigenschaften. „Während in Bereichen wie der Katalyse, der Thermoelektrik oder der Supraleitung solche starken Schwingungen hilfreich sein können, ist der beobachtete Effekt für andere Anwendungen wie LEDs und Solarzellen unerwünscht“, erklärt Wood.
Tatsächlich erklärt die Untersuchung de Teams, weshalb Solarzellen aus Nanopartikeln ihr Potenzial bislang noch nicht vollständig ausschöpfen konnten. Durch den Vergleich von Experiment und Simulation zeigt die Forschungsgruppe, wie die Interaktion von Gitterschwingungen an der Oberfläche mit Elektronen den Photostrom in den Solarzellen verringert. „Da wir nun zeigen konnten, dass Gitterschwingungen an der Oberfläche außerordentlich wichtig sind, können wir systematisch Materialien entwickeln, die diese unterdrücken oder verstärken“, so Wood.
Woods Forschungsgruppe arbeitet seit längerem mit besonderen Nanomaterialien, den kolloidalen Nanokristallen. Diese Kristalle, die auch als Quantenpunkte bekannt sind, besitzen Halbleitereigenschaften und können kontrolliert mit einem Durchmesser von zwei bis zehn Nanometern synthetisiert werden. Die Materialien sind aufgrund ihrer optischen und elektrischen Eigenschaften interessant, die beide stark von der Partikelgröße abhängen. Sie werden bereits heute kommerziell als rote und grüne Leuchtmittel in LED-Fernsehern genutzt und als kostengünstige Alternative für aus Lösungsmitteln abgeschiedene Solarzellen gehandelt. Wie Forscher herausfanden, lässt sich die Leistung von Solarzellen verbessern, wenn man eine Schale aus bestimmten Atomen um die Oberfläche der Nanokristalle legt. Bislang war unklar, wieso dies funktioniert. Die neue Untersuchung zeigt nun, dass eine harte Schale von Atomen die Gitterschwingungen und deren Wechselwirkung mit Elektronen unterdrückt. Das führt zu höheren Photoströmen und damit zu effizienteren Solarzellen.
ETH / RK