Wie Diamanten zu Qubits werden

Stickstoff-Fehlstellen in künstlichen Diamanten bilden die Qubits.

Diamanten sind nicht nur so hart wie kein anderer natürlicher Stoff, sie können auch das Quantencomputing voranbringen. Ein vielversprechender Technologieansatz für das Quantencomputing ist die Realisierung von Qubits auf Basis von NV-Zentren in Diamant. Das bedeutet, dass sich die Rechen- und Speichereinheiten eines Quantencomputers in bestimmten Stickstoff-Fehlstellen (engl.: nitrogen-vacancy, kurz NV) von Diamanten befinden. Die Quantencomputing-Initiative des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat im Dezember Verträge mit SaxonQ und XeedQ zum Bau von NV-basierten Quantencomputern geschlossen. Die beiden Firmen aus Leipzig verfolgen unterschiedliche Ansätze für die Herstellung von NV-Zentren. Die DLR-Aufträge haben ein Gesamtvolumen von 57 Millionen Euro.

Abb.: Diamant-Kristall mit NV-Spins auf einem photonischen Mikrochip. (Bild:...
Abb.: Diamant-Kristall mit NV-Spins auf einem photonischen Mikrochip. (Bild: XeedQ)

Perfekte Diamanten bestehen aus einem makellosen Gitter von miteinander verbundenen Kohlenstoffatomen. Eine Stickstoff-Fehlstelle ist eine Störung in diesem Kristallgitter. Sie kann auch natürlich vorkommen. Diamanten mit besonders vielen Stickstoffatomen sind gelblich gefärbt. Für Quantencomputer werden ausschließlich synthetische Diamanten verwendet. Künstlich in das Kristallgitter eingebrachte Stickstoffatome ersetzen Kohlenstoffatome auf deren Gitterplätzen. Wenn sich diese Stickstoff-Fremdatome mit einem benachbarten leeren Gitterplatz verbinden, entstehen NV-Zentren.

„Solche Qubits haben den Vorteil, dass sie bei Raumtemperatur funktionieren. Dies erweitert den potenziellen Einsatzbereich dieser Quantencomputer deutlich. Andere Systeme, etwa mit supraleitenden Schaltkreisen, können nur bei sehr tiefen Temperaturen betrieben werden“, erklärt Robert Axmann, Leiter der Quantencomputing-Initiative des DLR. NV-Quantenprozessoren gelten als leicht und mobil. Ihr Einsatz ist in Zukunft auch in Flugzeugen oder Satelliten denkbar.

Eine der aktuell größten Herausforderungen bei dieser Technologie liegt darin, mehrere geeignete NV-Zentren in geringem Abstand zu platzieren. Erst dann können sie effektiv miteinander verschränkt werden, was die Voraussetzung für einen Quantencomputer ist. SaxonQ und XeedQ arbeiten mit unterschiedlichen Ansätzen an einer Lösung. SaxonQ erzeugt die NV-Zentren mit einer eigens entwickelten Technik knapp unter der Oberfläche des Diamantkristalls. Diese Technologie verspricht eine hohe Präzision bei der gezielten Anordnung von NV-Zentren. XeedQ ordnet die NV-Zentren in einer dreidimensionalen Struktur im Diamantkristall an, so dass sich eine gegenseitige Wechselwirkung ergibt. Zusammen mit einem speziellen Ausleseverfahren wird so der Bau eines skalierbaren Quantencomputers möglich.

In einer ersten Phase entsteht zeitnah in beiden Projekten jeweils ein Demonstrator-System mit mindestens vier Qubits. In späteren Phasen erfolgt die Entwicklung zu größeren Systemen: Nach vier Jahren soll der Bau von Quantencomputern mit mehr als 32 Qubits abgeschlossen sein, die skalierbar und fehlerkorrigierbar sind. Alle Systeme werden in den Laboren des DLR-Innovationszentrums Ulm integriert und betrieben.

Im Rahmen der DLR Quantencomputing-Initiative werden innerhalb der nächsten vier Jahre prototypische Quantencomputer unterschiedlicher Architekturen gebaut. Außerdem werden die damit verbundenen Technologien und Anwendungen entwickelt. Das DLR bindet Unternehmen, Start-ups und andere Forschungseinrichtungen ein, um gemeinsam die Arbeiten voranzutreiben. Das DLR wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit Ressourcen ausgestattet und vergibt in großem Umfang Aufträge an Unternehmen. Das DLR bringt die eigenen Fähigkeiten und Fragestellungen in Forschung und Entwicklung ein und fokussiert auf den Transfer in die Wirtschaft.

DLR / RK

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