18.04.2018

Wie die Marsmonde entstanden sind

Neues Simulationsverfahren stärkt die Einschlaghypothese – mit einem kleineren Asteroiden.

Während der Mond der Erde immerhin rund ein Achtzigstel der Erd­masse auf die Waage bringt, sind Phobos und Deimos, die beiden Trabanten des Planeten Mars, geradezu Winzlinge: Ihre Masse beträgt – zusammen­genommen – nur etwa das Fünfzig­millionstel der Mars­masse. Zudem sind die beiden gerade einmal 27 und 15 Kilometer großen Begleiter unregel­mäßig geformt und ähneln Asteroiden. Daher war die Idee nahe­liegend, dass es sich bei ihnen um eingefangene Himmels­körper aus dem Asteroiden­gürtel zwischen Mars und Jupiter handelt. Dagegen spricht jedoch, dass sich die beiden Mars­monde auf nahezu kreis­förmigen Umlauf­bahnen in ein und derselben Bahn­ebene bewegen. Diese Koinzidenz lässt sich einfacher erklären, wenn die beiden Trabanten ähnlich dem irdischen Mond nach einer kosmischen Kollision aus einer rotierenden Trümmer­scheibe um den Planeten entstanden sind.

Abb.: Ausschnitte aus einer Simulation der Entstehung der Marsmonde Phobos und Deimos (Bild: R. Canup, SWRI)

Bisherige Modelle für ein solches Szenario ließen vermuten, dass zur Entstehung einer ausreichend großen Trümmer­scheibe der Einschlag eines Himmels­körpers mit mehreren Hundertsteln der Mars­masse nötig ist – also fast der Masse unseres Mondes. Dann wäre es jedoch viel wahr­scheinlicher, dass große Trabanten aus der Scheibe entstehen als kleine. Zwar könnten sich weiter außen in der Trümmer­scheibe auch kleinere Trabanten formen, doch diese würden durch die Anziehungs­kräfte der masse­reicheren Monde aus ihren Umlauf­bahnen heraus­katapultiert. Robert Canup und Julien Salmon vom Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundes­staat Colorado haben den Spieß jetzt einfach umgedreht: Sie analysierten zunächst, wie eine Trümmer­scheibe genau aussehen muss, damit aus ihr über­haupt zwei kleine Monde wie Phobos und Deimos entstehen können.

Erst nach dieser Analyse begannen sie, Einschläge zu simulieren – und zwar gezielt so, dass sich eine Scheibe mit den gewünschten Eigenschaften aus dem Auswurf­material um den roten Planet bildet. Das Ergebnis der beiden Forscher: Es reicht der Einschlag eines Himmels­körpers mit etwa einem Tausendstel der Mars­masse. Das liegt zwischen der Masse des Zwerg­planeten Ceres und des Asteroiden Vesta. Phobos und Deimos entstehen in diesem Szenario wiederum im äußeren Bereich der Scheibe. Zwar bilden sich auch hier weiter innen ein oder mehrere weitere, zum Teil auch größere Trabanten. Doch da die Trümmer­scheibe insgesamt kleiner ausfällt, stürzen diese durch Gezeiten­kräfte so schnell wieder auf den Planeten hinab, dass sie die Existenz der kleineren äußeren Monde nicht gefährden.

„Unser Modell sagt außerdem voraus, dass die beiden Monde hauptsächlich aus Materie bestehen, die vom ursprünglichen Mars stammt“, sagt Canup. Es handele sich also nicht um ein Gemisch aus Materie des Ur-Mars und des mit ihm kollidierenden Himmels­körpers. „Die chemische Zusammensetzung der beiden Monde sollte im Großen und Ganzen mit der des Mars übereinstimmen“, so der Forscher weiter. „Die Aufheizung bei dem Einschlag hat allerdings zum Verlust des Wassers geführt, die Monde sollten also vollständig trocken sein, wenn die Einschlag­hypothese korrekt ist.“

Canup und Salmon hoffen darauf, dass ihr Szenario schon in wenigen Jahren überprüft werden kann. Denn für das Jahr 2024 plant die japanischen Raum­fahrt­behörde JAXA den Start der Mission „Martian Moons Exploration“, kurz MMX. Die Sonde soll nicht nur die beiden Mars­monde aus der Nähe beobachten, sondern auf Phobos landen, dort Gesteins­proben sammeln und 2029 zur Erde zurückbringen.

Rainer Kayser

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