Wie die Marsmonde entstanden sind
Neues Simulationsverfahren stärkt die Einschlaghypothese – mit einem kleineren Asteroiden.
Während der Mond der Erde immerhin rund ein Achtzigstel der Erdmasse auf die Waage bringt, sind Phobos und Deimos, die beiden Trabanten des Planeten Mars, geradezu Winzlinge: Ihre Masse beträgt – zusammengenommen – nur etwa das Fünfzigmillionstel der Marsmasse. Zudem sind die beiden gerade einmal 27 und 15 Kilometer großen Begleiter unregelmäßig geformt und ähneln Asteroiden. Daher war die Idee naheliegend, dass es sich bei ihnen um eingefangene Himmelskörper aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter handelt. Dagegen spricht jedoch, dass sich die beiden Marsmonde auf nahezu kreisförmigen Umlaufbahnen in ein und derselben Bahnebene bewegen. Diese Koinzidenz lässt sich einfacher erklären, wenn die beiden Trabanten ähnlich dem irdischen Mond nach einer kosmischen Kollision aus einer rotierenden Trümmerscheibe um den Planeten entstanden sind.
Abb.: Ausschnitte aus einer Simulation der Entstehung der Marsmonde Phobos und Deimos (Bild: R. Canup, SWRI)
Bisherige Modelle für ein solches Szenario ließen vermuten, dass zur Entstehung einer ausreichend großen Trümmerscheibe der Einschlag eines Himmelskörpers mit mehreren Hundertsteln der Marsmasse nötig ist – also fast der Masse unseres Mondes. Dann wäre es jedoch viel wahrscheinlicher, dass große Trabanten aus der Scheibe entstehen als kleine. Zwar könnten sich weiter außen in der Trümmerscheibe auch kleinere Trabanten formen, doch diese würden durch die Anziehungskräfte der massereicheren Monde aus ihren Umlaufbahnen herauskatapultiert. Robert Canup und Julien Salmon vom Southwest Research Institute in Boulder im US-
Erst nach dieser Analyse begannen sie, Einschläge zu simulieren – und zwar gezielt so, dass sich eine Scheibe mit den gewünschten Eigenschaften aus dem Auswurfmaterial um den roten Planet bildet. Das Ergebnis der beiden Forscher: Es reicht der Einschlag eines Himmelskörpers mit etwa einem Tausendstel der Marsmasse. Das liegt zwischen der Masse des Zwergplaneten Ceres und des Asteroiden Vesta. Phobos und Deimos entstehen in diesem Szenario wiederum im äußeren Bereich der Scheibe. Zwar bilden sich auch hier weiter innen ein oder mehrere weitere, zum Teil auch größere Trabanten. Doch da die Trümmerscheibe insgesamt kleiner ausfällt, stürzen diese durch Gezeitenkräfte so schnell wieder auf den Planeten hinab, dass sie die Existenz der kleineren äußeren Monde nicht gefährden.
„Unser Modell sagt außerdem voraus, dass die beiden Monde hauptsächlich aus Materie bestehen, die vom ursprünglichen Mars stammt“, sagt Canup. Es handele sich also nicht um ein Gemisch aus Materie des Ur-
Canup und Salmon hoffen darauf, dass ihr Szenario schon in wenigen Jahren überprüft werden kann. Denn für das Jahr 2024 plant die japanischen Raumfahrtbehörde JAXA den Start der Mission „Martian Moons Exploration“, kurz MMX. Die Sonde soll nicht nur die beiden Marsmonde aus der Nähe beobachten, sondern auf Phobos landen, dort Gesteinsproben sammeln und 2029 zur Erde zurückbringen.
Rainer Kayser
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