Wie ein Sauerstoffmolekül zerfällt
Ablauf der Reaktion mit zwei extrem-ultravioletten Lichtquellen detailliert analysiert.
Eine Kollaboration von Forschenden der Gruppe um Christian Ott in der Abteilung Pfeifer am Max-Planck-Institut für Kernphysik ist es erstmalig gelungen, zwei unterschiedliche XUV-Lichtquellen zu kombinieren, um einen quantenmechanischen Zerfallsmechanismus in Sauerstoffmolekülen zeitlich aufzulösen. Grundlage dafür sind einerseits der Prozess der Erzeugung hoher Harmonischer (HHG), bei dem infrarotes Licht, das durch eine Gaszelle gestrahlt wird, in XUV-Strahlung umgewandelt wird. Zudem wird ein Freie-Elektronen-Laser (FEL) verwendet, bei dem beschleunigte Elektronen XUV-Licht abstrahlen. Beide Methoden erzeugen XUV-Lichtblitze mit einer Dauer von Femtosekunden.
Entscheidend dabei ist, dass die Spektren der beiden Laserpulse sehr unterschiedlich sind. „Die HHG-Pulse haben ein sehr breites Spektrum. Sie bestehen aus Licht mit vielen verschiedenen Frequenzen – im sichtbaren Bereich könnte man dies als verschiedene Farben auffassen. Die FEL-Pulse dahingegen sind spektral deutlich eingeschränk“, erklärt Alexander Magunia. Die FEL-Pulse werden am Freie-Elektronen-Laser in Hamburg erzeugt und genutzt, um die Elektronen des Sauerstoffmoleküls in einen bestimmten Zustand anzuregen. Es ist bekannt, dass dieser anschließend über zwei verschiedene Kanäle das Molekül zum Zerfall bringen kann. Wie schnell dies passiert, war bisher aber noch umstritten.
Die Atome im Sauerstoff-Molekül müssen nämlich einen Tunnelprozess durchlaufen, was theoretische Beschreibungen erschwert. Durch die Hinzunahme des zweiten HHG-Pulses mit einstellbarer zeitlicher Verzögerung zum ersten, anregenden FEL Puls, kann nun dieser molekulare Zerfall experimentell aufgenommen werden. Die HHG-Pulse erlauben es, alle entstehenden Fragmente durch ihre spektralen Absorptions-Fingerabdrücke auf einmal zu fotografieren. Je größer die zeitliche Verzögerung zwischen den beiden Pulsen, desto mehr Moleküle sind bereits zerfallen. Durch diese Zunahme an Fragmenten können schließlich die Zeitdauer des Prozesses sowie die jeweiligen Raten für die beiden Zerfallskanäle ermittelt werden.
Die Möglichkeit mit schmalbandigen FEL-Pulsen gezielte elektronische oder molekulare Prozesse einzuleiten und mit den breitbandigen HHG-Spektren unabhängig eine große Breite an quantenmechanischen Zustandsinformationen über das Molekül oder seine einzelnen Fragmente auszulesen, erlaubt es hoffentlich in Zukunft komplexere chemische Reaktionen mit Licht aufzunehmen, zu verstehen und schließlich auch zu steuern.
MPIK / JOL