Wie Katalysatoren an der Oberfläche wirken
Wissenschaftler haben eine neue Messmethode der Infrarot-Spektroskopie entwickelt, um die Vorgänge an der Oberfläche von Oxiden zu untersuchen, die als Katalysatoren dienen.
Katalysatoren unterstützen viele chemische Reaktionen. Bei der heterogenen Katalyse liegen der als Katalysator dienende Stoff und die reagierenden Stoffe in verschiedenen Phasen vor – gewöhnlich ist der Katalysator ein Feststoff, die reagierenden Stoffe sind gasförmig. An der Oberfläche von katalytisch aktiven Feststoffen laufen hochkomplexe chemische Prozesse ab. Diese genau zu verstehen, ist unerlässlich, um Produkte weiter zu verbessern und Kosten zu senken. Bei Metallen sind die Prozesse schon gut bekannt. Die entsprechenden Umwandlungen an der Oberfläche von Oxiden sind hingegen noch weitgehend unerforscht.
Abb.: Chemie der Fehlstellen: Die Fehlstellen-Konzentration der Rutiloberflächen sowohl bei Einkristallen als auch bei Pulverpartikeln lässt sich mit Infrarot-Spektroskopie anhand von Kohlenmonoxid als Sondenmolekül bestimmen. (Bild: M. Xu, RUB)
Forscher um Christof Wöll vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Martin Muhler von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) untersuchten zunächst die Vorgänge an Oberflächen von Oxid-Einkristallen, um ihre Erkenntnisse dann auf Pulver, die technisch wichtigste Form von Oxidmaterialien, zu übertragen. Damit schlugen sie eine Brücke zwischen der Grundlagenforschung an Referenzsystemen und der angewandten Forschung an realen Katalysatoren. Ein neu entwickeltes Kombinationsgerät für die Infrarot-Spektroskopie (IR) ermöglichte dabei äußerst genaue Messungen der Schwingungsfrequenz von Kohlenmonoxid. Dieser Schwingungsfrequenz hängt sehr empfindlich von Fehlstellen ab.
Solche Fehlstellen entstehen bei Oxidmaterialien wenn einzelne Sauerstoffatome entfernt werden. „Als aktive Zentren verleihen Sauerstoff-Fehlstellen dem Material eine hohe katalytische Aktivität“, sagt Christof Wöll, Direktor des Instituts für Funktionelle Grenzflächen (IFG) des KIT. Die Karlsruher und Bochumer Forscher entwickelten mit dem neuen Kombinationsgerät ein Verfahren, das sie zunächst an Referenzsystemen eichten. Dann bestimmten sie mithilfe des Hochleistungs-FTIR-Spektrometers der Firma Bruker Optics (VERTEX-Serie) erstmals Fehlstellendichten für pulverförmige reale Katalysatoren.
Zur Demonstration ihrer neuen Methode verwendeten die Forscher Rutil, die bedeutendste Modifikation des Titandioxids (TiO2) „Dieses auch als Weißpigment und in der Fotokatalyse eingesetzte Material ist normalerweise chemisch sehr träge und wird erst durch die Sauerstoff-Fehlstellen katalytisch aktiv“, erklärt Wöll. Bisher ließen sich solche Fehlstellen für Pulvermaterialien nur indirekt nachweisen.
Die Forscher folgten mit ihrer Methode dem von Nobelpreisträger Gerhard Ertl entwickelten Ansatz der „Surface Science“. Das Potenzial ihrer Methode demonstrierten die Wissenschaftler, indem sie die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Kopplungsreaktion von Formaldehyd zu Ethylen untersuchten. Dabei bestätigte sich, dass die Dichte von Sauerstoff-Fehlstellen an der Oberfläche von Rutil-TiO2-Nanopartikeln für die katalytische Aktivität des Oxidpulvers und damit die Ausbeute entscheidend ist.
KIT / PH