Wie Magnetstürme in der Ionosphäre toben
Neue Messungen ermöglichen besseren Schutz von Navigations- und Kommunikationssystemen vor Weltraumwetter.
Starke geomagnetische Stürme können der modernen Zivilisation ernste Probleme bereiten. In Zeiten hoher Sonnenaktivität und vor allem bei koronalen Massenauswürfen steigt die Teilchendichte und die Magnetfeldstärke im Sonnenwind. Dies führt in der Ionosphäre zu geomagnetischen Stürmen, die nicht nur Hochfrequenz-Funkverbindungen und Radarmessungen stören können. Es kann auch zur Unterbrechung von Satellitennavigation und -kommunikation führen. Die größte Gefahr jedoch liegt darin, dass diese Stürme hohe Spannungen in Überlandleitungen induzieren, wodurch Stromnetze überlasten und ganze Regionen einen Stromausfall erleben können.
Abb.: Die Entwicklung der Plasmadichte über der Nordpolkappe während eines geomagnetischen Sturms. Der blau umrahmte Bereich ist eine Zone mit hoher Magnetfeldstärke, die um den Pol rotiert. Die gepunktete Linie gibt die Tag-Nacht-Grenze an. (Bild: Q.-H. Zhang et al. / Science)
Atmosphärenforscher der SuperDARN-Kollaboration haben nun einen starken geomagnetischen Sturm vom September 2011 sehr detailliert analysiert und sind dabei auf ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren gestoßen. Das SuperDARN-Projekt ist ein internationales Netzwerk zur Beobachtung der oberen Atmosphärenschichten in den Polarregionen. Dort laufen die Magnetfeldlinien der Erde zusammen, so dass – wie an den Polarlichtern zu sehen ist – die Auswirkungen geomagnetischer Stürme besonders stark sind. SuperDARN besteht aus mehreren Dutzend Radarstationen in den höheren Breitengraden. Außerdem nutzten die Forscher Daten des Global Positioning System.
Am 24. September 2011 fand ein starker koronaler Massenauswurf statt, der zwei Tage später die Erde erreichte. Die Forscher maßen die Elektronendichte und beobachteten mit einer zeitlichen Auflösung von fünf Minuten die Entwicklung der Plasmaströme über dem gesamten Nordpol. Dabei stellten sie fest, dass sich über die Tag-Nacht-Grenze hinweg ein zweigeteiltes Strömungsbild ergab. Die Tag-Nacht-Grenze läuft zu dieser Jahreszeit über die Polkappe.
Es bildeten sich einzelne Regionen besonders starker Elektronenkonzentration, die aufgrund des Zusammenspiels der Plasmaströme mit dem irdischen und dem interplanetaren Magnetfeld über der Polregion zirkulierten. Sowohl auf der Tag- wie der Nachtseite beobachteten die Forscher Kurzschlüsse der Magnetfeldlinien, sogenannte Rekonnexionen, die große Mengen an magnetischer Energie freisetzten. Die Wissenschaftler konnten diese Dynamik in simulierten Modellen nachbilden.
Die Plasmaströme werden auch durch unterschiedliche Plasmakonzentrationen auf der Tag- und Nachtseite der Erde angetrieben. Auf der Tagseite sorgt die UV-Komponente des Sonnenlichts durch ihre ionisierende Wirkung für einen steten Nachschub an Elektronen, während deren Konzentration auf der Nachtseite entsprechend geringer ist. Die Wissenschaftler sahen auf ihren Aufnahmen auch, wie sich die Regionen hoher Plasmakonzentration ausdehnten und wieder zusammenzogen. Diese Ergebnisse sind nicht zuletzt für Satelliten- und Netzbetreiber interessant. Bessere Vorhersagen des Weltraumwetters erlauben es ihnen, wichtige Systeme zur Sicherheit ab- oder auf alternative Kommunikationseinrichtungen umzuschalten.
Dirk Eidemüller
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PH