26.11.2018

Wie Nanoteilchen diffundieren

Analyse von Aluminiumlegierungen liefert überraschende Einsichten in Diffusionsvorgänge.

Aluminiumlegierungen verfügen über einzig­artige Material­eigenschaften und sind unver­zicht­bare Werk­stoffe im Flug­zeug­bau sowie in der Weltraum­technik. Forscher der TU Graz konnten nun erst­mals mit Hilfe der hoch­auflösenden Elektronen­tomographie jene Mechanismen ent­schlüsseln, die für das Verständnis dieser Eigen­schaften ent­scheidend sind.

Abb.: Elektronenmikroskopisches Bild einer Aluminium-Aus­scheidung mit atomar-großen Diffusions­kanälen (Bild: TU Graz / FELMI)

Um die Festigkeit, Korrosions­beständigkeit und Schweiß­barkeit von Aluminium­legierungen zu verbessern, werden der Aluminium­matrix Legierungs­elemente wie Scandium oder Zirkon zugesetzt. Je nach weiterer Behandlung bilden sich danach winzige – nur wenige Nano­meter große – rundliche Partikel, die Aus­scheidungen. Ihre Gestalt, ihr atomarer Aufbau sowie das „Ringen“ der Scandium- und Zirkon­atome um die „besten Plätze“ im Kristall­gitter entscheiden über Eigen­schaften und Einsetz­barkeit des Werk­stoffes.

Die Forscher der TU Graz analysierten diese Strukturen mithilfe des Austrian Scanning Transmission Electron Micro­scope (ASTEM) am Zentrum für Elektronen­mikroskopie Graz (ZFE). Das Gerät kann hoch­aufgelöste Element­kartierungen von drei­dimensionalen Strukturen erzeugen. „Die so erhaltenen tomo­graphischen Analysen lieferten über­raschender­weise ein Bild, das nach bisherigem Kenntnis­stand nicht inter­pretiert werden konnte“, so Gerald Kothleitner, Leiter der Arbeits­gruppe für analytische Trans­missions­elektronen­mikroskopie am Institut für Elektronen­mikroskopie und Nano­analytik der TU Graz. „Wir stellten Anomalien in den gebildeten Kern-Schale-Strukturen fest: Einer­seits fanden wir in den Aus­scheidungen höhere Mengen an Aluminium, als wir vermutet hatten. Andererseits ent­deckten wir mit Zirkon angereicherte Kerne sowie Begrenzungs­zonen zwischen Kern und Schale mit fast perfekter Zusammen­setzung und Kristall­struktur.“

Um diesem Phänomen der Selbst­organisation auf die Spur zu kommen, griffen die Forscher vom Institut für Elektronen­mikroskopie und Nanoa­nalytik (FELMI) sowie des Instituts für Werkstoff­kunde, Füge­technik und Umform­technik (IMAT) auf quanten­mechanische Berechnungen und Simulationen zurück. Dabei zeigte sich, dass sich das System ent­mischt und atomar enge Kanäle bildet, in denen die Fremd­atome diffundieren können. Aufeinander­treffende Atome blockieren aber diese Kanäle und stabilisieren das System. Angelina Orthacker, deren Arbeit von der ACR – Austrian Cooperative Research finanziert wurde, erklärt die Bewegung der Atome anschaulich: „Der Diffusions­prozess lässt sich vergleichen mit der Bildung von Rettungs­gassen in einem verkehrs­reichen Stadt­gebiet mit engen Straßen: Der Verkehr schafft es, sich in Sekunden­bruch­teilen selbst zu organisieren, um die freie Fahrt der Einsatz­fahrzeuge zu ermöglichen. Doch schon bei kleinen Beeinträchtigungen bricht die Rettungs­gasse zusammen.“

Genauso verhält es sich im Inneren von Aluminium­legierungen. „Rettungs­gassen“ fördern den Material­transport von Scandium- und Zirkon­atomen, geringe Störungen stoppen diese Transport­reaktionen. Das Forschungs­team vermutet, dass die neuen Erkenntnisse zu solchen Diffusions­prozessen auch bei anderen Mehr­komponenten-Legierungen eine Rolle spielen. Deren Eigen­schaften lassen sich nun noch gezielter einstellen.

TU Graz / DE

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