10.12.2015

Wie stark bebt die Erde?

Maximale Magnitude von Erdbeben an Verwerfungszonen bestimmt – geringe Tiefe sorgt für Gefahr.

Wenn zwei tektonische Platten aneinander vorbei gleiten, spricht man von einer Verwerfung. Die bekanntesten Beispiele sind die kalifornische San Andreas-Verwerfung und die Nordanatolische Verwerfung in der Türkei. Die bei der Verschiebung der Platten entstehenden Erdbeben können Stärken bis zu Magnitude M 8 erreichen, treten zudem meistens in geringen Tiefen von weniger als 20 Kilometern auf und bedrohen so große Städte wie Istanbul oder San Francisco. Für die Risiko­abschätzung und die Entwicklung vorbeugender Maßnahmen ist es daher wichtig, die maximale Magnitude der Erdbeben zu kennen, die hier auftreten können. Erschwerend kommt hinzu, dass es Messaufzeichnungen von Erdbeben erst seit rund 150 Jahren gibt, an vielen Verwerfungszonen der Erde aber die Wiederkehr­perioden von sehr starken Erdbeben viel länger sind.

Abb.: Blick über die Bucht von San Francisco, die in unmittelbarer Nähe zur San Andreas-Verwerfung in Kalifornien liegt. (Bild: P. Martínez-Garzón, GFZ)

Ein Team von Wissenschaftlern des Deutschen Geo­forschungs­zentrums hat in Zusammenarbeit mit der Universität von Süd-Kalifornien nun eine globale Studie vorgestellt, auf deren Basis sich die größten zu erwartenden Erdbeben entlang solcher Verwerfungen besser abschätzen lassen. Sie untersuchten alle großen Transform­störungen der Erde und stellten dabei fest, dass die Länge der Erdbeben­bruchzone für Starkbeben, und damit die Magnitude, mit der Gesamtlänge der Verwerfungen korreliert: Je länger die Verwerfungs­zone insgesamt ist, desto länger sind die einzelnen Segmente der Verwerfung, die bei einem Starkbeben brechen.

Bei diesen Brüchen auftretende Erdbeben weisen eine maximal zu erwartende Magnitude auf, die in 75 Prozent der Fälle mit dem im Laufe von Jahrmillionen akkumulierten Versatz an den betreffenden Verwerfungen zusammenhängt. Bei Oberflächen­bewegungen von einigen Millimetern pro Jahr kommen im Laufe von Jahrmillionen Gesamt­verschiebungen an den Verwerfungen von einigen Dutzend Kilometern zusammen. Für Verwerfungen mit einer derart großen Gesamt­verschiebung lässt sich ein direkter Zusammenhang zur größten Erdbeben­magnitude beobachten.

Die verbleibenden 25 Prozent der Erdbeben allerdings sind insgesamt stärker und entstehen ausschließlich entfernt von Plattengrenzen an Orten, wo die Verschiebungen weniger als fünf Millimeter pro Jahr betragen und der Gesamt­versatz weniger als zehn Kilometer beträgt. „Wir erklären die größeren Magnituden dieser Beben damit, dass sich während des Bruches eine höhere Spannung entlädt. Es wird mehr Energie in der gleichen Zeit freigesetzt, was zu größeren Magnituden führt“ erklärt GFZ-Wissenschaftlerin Patricia Martínez-Garzón.

Die Arbeitsergebnisse der Geoforscher sind für Millionen von Menschen wichtig, die in der Nähe dieser Verwerfungen wohnen, denn Vorbeuge­maßnahmen wie erdbeben­sicheres Bauen, Katastrophen­schutz oder Frühwarn­systeme müssen so ausgelegt sein, dass sie die maximal zu erwartende Stärke eines Bebens zu Grunde legen.

GFZ / DE

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