11.10.2022

Wie Störstellen in hochreinem Wasser entstehen

Weitere Ursache für die Entstehung zerstörerischer Dampfblasen in Flüssigkeiten aufgespürt.

Die Entstehung von Dampfblasen in Flüssig­keiten ist bislang nicht vollständig geklärt. Der als auch als „Kavitation“ bekannte physikalische Effekt führt unter anderem zur Zerstörung von Schiffs­schrauben oder Propellern, kann aber auch in der Medizin zum Abtragen von Tumoren oder der Zertrüm­merung von Nieren­steinen genutzt werden. Ein Forschungs­team um Patricia Pfeiffer und Claus-Dieter Ohl von der Uni Magdeburg hat jetzt eine weitere Ursache für die Entstehung von Dampfblasen in Flüssig­keiten gefunden.

Abb.: Patricia Pfeiffer erforscht die Ent­stehung von Dampf­blasen in...
Abb.: Patricia Pfeiffer erforscht die Ent­stehung von Dampf­blasen in Flüs­sig­keiten. (Bild: J. Dünn­haupt, U. Magde­burg)

In Flüssigkeiten, die mit hoher Geschwin­dig­keit an einem Objekt vorbei­strömen, können aus kleinsten Strukturen – den Keimen – mit Dampf gefüllte Blasen anwachsen, zum Beispiel in Pumpen oder Düsen oder auch an künstlichen Herzklappen. „Wenn ich sehr stark an einer Flüssigkeit ziehe, dann reißt die Flüssigkeit auf und bildet Blasen, was wir zum Beispiel beim Ansaugen von Wasser bei Schiffs­propellern kennen“, erklärt Pfeiffer. „Wenn ich einen Schiffs­propeller habe, der sehr schnell rotiert und damit lokal enorm an dem ihn umgebenden Wasser zieht, dann reißen die Wasser­moleküle ausein­ander und es entsteht quasi ein Loch in dieser Flüssigkeit. Dieses Loch wird kurz­fristig mit ent­stehendem Wasserdampf gefüllt. Die dabei ent­stehenden Blasen fallen nach kurzer Zeit implosions­artig in sich zusammen.“ Dabei entstehen extreme Drücke von über tausend Bar und damit enorme Kräfte, die Schiffs­schrauben zerstören können.

Bisher erklärte man die Entstehung dieser potenziell zerstöre­rischen Dampfblasen durch mikroskopisch kleine Blasen, die an Unrein­heiten anhaften und als Kavitations­keim stabi­lisiert werden. Das Team um Pfeiffer und Ohl hat heraus­ge­funden, dass aber bereits eine Über­sättigung der Flüssigkeit mit Gas einen Kavitations­keim darstellt. Genau an dieser Stelle entsteht beim Ziehen an der Flüssigkeit eine Blase. Das kann durch die lokale Erwärmung einer Flüssigkeit erreicht werden.

Aber auch an mikro­sko­pischen Tröpfchen, die dem Wasser hinzu­geben werden, entstehen Blasen unter Zug an der Grenzfläche zwischen Wasser und Tropfen. Zu einem ersten Erklärungs­ansatz haben Kollegen der Univer­sitäten Rom und Ferrara mit Molekular-Dynamik Simula­tionen beigetragen. Diese zeigen, dass molekular gelöstes Gas aus dem Tropfen an die Grenzschicht trans­portiert wird, genau dann, wenn die Flüssigkeit unter Zug steht.

„Wir müssen demzufolge das bisherige Keimmodell für die Entstehung der zerstöre­rischen Dampfblasen grund­legend über­arbeiten“, erklärt Ohl. „Die Entdeckung erlaubt es künftig, selbst in extrem sauberem Wasser kleinste Verschmutzung zu detek­tieren. Solches Ultra-Reinstwasser ist zum Beispiel essentiell für die Chip­fertigung. Wir arbeiten hier bereits mit einer Firma zusammen, die die Keimbildung durch Blasen bereits zur Erkennung von Verschmutzungen in Ultra-Reinst­wasser ausnutzt. Solche Ultra-Reinstwasser­anlagen werden unter anderem in Halbleiter­werken wie Intel eingesetzt.“

Neben der Anwendung in der Reinstwasser­analyse werden die Ergebnisse künftig auch zur Verbesserung der Tumor­therapie eingesetzt. Flüssige Kavitations­keime aus einem Perfluoro­carbon werden in den Blut­kreis­lauf der Patienten einge­spritzt und daran Blasen mit Ultraschall aufgezogen. Kollabieren diese Blasen können sie Tumorgewebe zerstören.

U. Magdeburg / RK

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