13.01.2014

Wiener Walzer mit Fermionen

Neuartiges fermionisches Quantensystem zeigt bei tiefen Temperaturen synchrone Schwingungen.

Ob Vogelschwärme, Sanddünen oder Straßenverkehr: Im Alltag beobachten wir immer wieder kollektives Verhalten, bei dem sich alle beteiligten Objekte synchron bewegen. Ein Forschungsteam des Centre for Ultrafast Imaging (CUI) der Universität Hamburg hat nun ein neuartiges Quantensystem geschaffen, das aus mehr als einer Million Atome bestand, die sich entgegen aller Erwartungen vollständig kollektiv verhielten.

Abb.: Ein neuartiges Quantensystem aus Fermionen verhält sich entgegen aller Erwartungen vollständig als Kollektiv. (Bild: Sengstock group)

Die CUI-Forscher aus dem Team von Klaus Sengstock konnten im Labor erstmals beobachten, wie eine Wolke ultrakalter Kalium-Atome kollektiv schwingt. Das Besondere dabei: Es handelt sich um Fermionen, die eigentlich nicht dafür bekannt sind, gemeinsam zu agieren. Den Forschern der Universität Hamburg gelang es nun, Atome des Isotops Kalium-40 mit Laserlicht fast bis auf den absoluten Nullpunkt abzukühlen. Bei diesen Temperaturen bilden die Teilchen einen „Fermisee“. Erst seit einigen Jahren ist es technisch überhaupt möglich, in diesen Temperaturbereich vorzustoßen.

„Wir hatten bereits beobachtet, dass sich bosonische Atome kollektiv verhalten“, berichtet Klaus Sengstock, experimenteller Leiter des Teams. „Es war aber eine völlig offene Frage, was in diesem Fall mit Fermionen passieren würde.“ Nach dem Abkühlen manipulierten die Forscher die Fermionen durch Laserlicht und richteten dadurch den Spin aus. Erstmals wurde beobachtet, wie der Spin aller Fermionen im Gleichtakt zu schwingen beginnt – ähnlich einem Wiener Walzer, bei dem sich alle Paare auf der Tanzfläche genau mit der gleichen Geschwindigkeit drehen.

Gemeinsam mit Kollegen aus Dresden und Barcelona konnten die Forscher das Phänomen experimentell und theoretisch genau ergründen. „Alle Atome sind miteinander verknüpft, deswegen das überraschend kollektive Verhalten“, erklärt Maciej Lewenstein aus Barcelona, der das Theorieteam leitet. „Für solch komplexe Systeme gibt es keine einfache Formel. Wir mussten eine neue effektive Theorie ausarbeiten, um das Experiment korrekt beschreiben zu können.“ Wie die Forscher zudem herausfanden, ist das kollektive Verhalten ein Quantenphänomen, das sehr sensitiv auf Störungen wie etwa Temperaturveränderungen reagiert. Anwendungen könnten im Bereich der Quantentechnologien liegen, etwa in Form von Quantensensoren oder in der Quanteninformationstechnologie.

U. Hamburg / DE

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