Winzige Mikroskope, scharfe Laserstrahlen, rasante Lichtschalter
Jahresrückblick Optik und Photonik 2017.
Kleiner, schneller, schärfer – Von neuen Lasertypen über hochauflösende Mikroskope bis zu filigranen Photosensoren und brillanten Leuchtdioden hatte das Jahr viele Fortschritte auf den Feldern der Optik und Photonik zu bieten. So gelang es Forschern der Uni Göttingen, die Auflösung in der Fluoreszenzmikroskopie zu verdoppeln, ohne dabei Kompromisse hinsichtlich der Geschwindigkeit oder andere Einschränkungen hinnehmen zu müssen. Mit Thulium-dotierten Nanokristallen ermöglichte ein Team an der Universität Sydney, die notwendigen Belichtungsintensitäten bei der STED-Mikroskopie deutlich zu verringern. Und am Karlsruher Institut für Technologie konnte die Fluoreszenzmikroskopie um die STEDD-Nanoskopie – Stimulated Emission Double Depletion – erweitert werden, um eine bessere Bildqualität bei der Analyse dreidimensional angeordneter Moleküle und Zellstrukturen zu erzielen.
Abb.: Eine 3D-LED aus Galliumnitrid LED im Rasterelektronenmikroskop (Bild: J. Ledig, TU Braunschweig)
Für eine genauere Analyse von Gewebe etwa bei der endoskopischen Krebsdiagnose konstruierten Forscher vom Leipniz-Institut für photonische Technologien in Leipzig ein Mikroskop im Kugelschreiberformat. Es basierte auf einem speziellen Typ optischer Fasern aus mehreren Tausend lichtleitenden Elementen. Ebenfalls nur wenige Millimeter maß ein neues Lichtmikroskop von Forschern der TU Braunschweig, um das Innere lebender Zellen in Echtzeit zu beobachten. Diese günstigen Mikroskope haben sogar das Potenzial, in naher Zukunft in Smartphones integriert zu werden. Mit einem photonischen Wellenleiter-Chip – entwickelt an der Universität Bielefeld – sollen herkömmliche Mikroskope über fluoreszierende Moleküle auf günstige Weise Bilder mit einer Auflösung von bis zu zwanzig Nanometern gewinnen.
Laser immer kompakter
Der Trend zu kleineren, kompakten Systemen setzte sich auch bei der Entwicklung von Lasern fort. Ohne Spiegel kam ein neuartiger, platzsparender Infrarot-Laser aus hauchdünner Halbleitermembran aus, der mit Hilfe exotischer Resonanzen arbeitete. Die Bauweise des optisch angeregten Lasers und seine variable Wellenlänge machen ihn für viele Anwendungen von optischen Fallen und Pinzetten, für Biosensoren und für die Quanteninformationsverarbeitung interessant. Kleinere und günstige multimodale Lasersysteme hatten Forscher der Northwestern University mit einem Gitter aus Gold-Nanopartikeln im Blick. Ihnen gelang es, mehrere Laserfrequenzen mit einem einzigen Mikrogitter zu erzeugen und boten damit eine Alternative zur bisherigen Kombination mehrerer Laser, die jeweils nur Licht einer Wellenlänge emittieren.
Abb.: Mikrostrukturen eines Terahertz-
Mit nur zehn Millihertz Linienbreite erzeugten Wissenschaftler an der PTB in Braunschweig gemeinsam mit US-Kollegen den wahrscheinlich schärften Laserstrahl der Welt. Herzstück des Prototyps war ein 21 Zentimeter langer Fabry-Pérot-Resonator aus Silizium. Er soll die Qualität von optischen Atomuhren verbessern und neue Präzisionsmessungen an ultrakalten Atomen ermöglichen. Am Massachusetts Institute of Technology schafften es Qing Hu und Kollegen, die Intensität eines Quantenkaskadenlasers – eine noch recht junge Klasse von Lichtquellen für Infrarot- und Terahertzstrahlung – nahezu zu verdoppeln. Aufgebaut war er aus Dutzenden nur wenige Nanometer dünnen Schichten aus Verbindungshalbleitern wie Galliumarsenid und Aluminiumgalliumarsenid. Und eine völlig neue Laser-Klasse mit einstellbaren Wellenlängen lockte mit dem Einsatz von Perowskit-Materialien, die sich bereits bei der Entwicklung von Solarzellen bewährt hatten. Erste Prototypen an der Pennsylvania State University emittierten für etwa eine Stunde Laserpulse im nahen Infrarotbereich und wiesen den Weg zu stabilen Perowskit-Lasern auf.
Potenzial der Frequenzkämme
Um spektroskopische Analysen mit kurzen Laserpulsen zu beschleunigen, setzten Physiker der ETH Zürich auf einen doppelten Frequenzkamm mit nur einem Laser. Die Forscher setzten dazu einen doppelbrechenden Kristall in einen Laser ein, wodurch das Licht je nach Polarisierung etwas verschiedene Wege zurücklegt. Die beiden so entstehenden Laserstrahlen weisen dadurch leicht unterschiedlichen Pulsperioden auf und Frequenzkämme mit verschiedenen Frequenzabständen entstanden. Um den zeitlichen Verlauf von Lichtwellen besser zu kontrollieren, entwickelten Forscher aus Regensburg, Marburg und Ann Arbor eine Methode, um Lichtwellen, die von beschleunigten Elektronen in einem Festkörper abgestrahlt werden, mit Hilfe der Kristallsymmetrie maßzuschneidern. Mit diesem Wellendesign hoher Harmonischer sollen Bewegungen von Elektronen bald noch genauer beobachtet werden können. Attosekundenpulse könnten ebenso die Übertragung großer Datenmengen per Glasfaserkabel beschleunigen. Die Grundlage dazu legten deutsche und israelische Forscher mit Lichtstrudeln, die sich nach einem Beschuss mit Femtosekunden-Laserpulse auf einer filigran strukturierten Goldoberfläche bildeten.
Abb.: Illustration der spiralförmigen Bewegung einer durch Licht angeregten Elektronenwelle auf einer Metalloberfläche. (Bild: Univ. Stuttgart)
Auf dem Weg zu einer immer schnellere optische Datenübertragung erzielten im vergangenen Jahr Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie KIT und an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne EPFL einen neuen Rekord. Mit Frequenzkämmen erzeugten sie 179 optische Trägerwellen, über die mehr als 50 Terabit pro Sekunde transportieren ließen. Rasante photonische Schaltkreise hatte ein internationales Team um Forscher der Universität Jena mit einem optischen Turbo-Schalter aus Metamaterial im Sinn. Dieser wechselte bis zu 100 Milliarden Mal pro Sekunde zwischen Reflexion und Absorption von einfallendem Licht. Ebenfalls in Jena gelang die Konstruktion einer Nanoantenne für optische Schaltkreise. Mit dieser Antenne konnten die Forscher datentragende Signale gezielt sortieren und weiterleiten.
Einbahnstraße für Licht
Um elektronische Datenpulse in optische umzuwandeln und auf Glasfasern zu übertragen, erschufen schweizerische Wissenschaftler einen optoelektronischen Chip rein aus Metall. Der rasante Modulator aus Gold erreichte dabei rekordverdächtige Datenraten von bis zu 116 Gigabit pro Sekunde. Interessant für die Quanteninformationstechnologien war eine Einbahnstraße für Licht, die ein Team um Ignacio Cirac vom MPI für Quantenoptik in Garching konzipiert hatte. Mit ihrem optischen Analogon zu einem topologischen Isolator ebneten sie den Weg hin zu einem unidirektionalen Wellenleiter, mit dem sich datentragende Lichtsignale besser kontrollieren ließen. Eine exakte Kontrolle von Photonen erreichten auch MIT-Forscher mit speziell geformten photonischen Kristallen. In diesen ließen sie einzelne Photonen über den Kerr-Effekt miteinander wechselwirken.
Abb.: Schematische Darstellung des metallischen Modulators: Links trifft ein kontinuierlicher Lichtstahl auf ein metallisches Gitter und wird dort gebrochen, rechts verlässt ein optischer Datenpuls das Bauteil. (Bild: ETHZ)
2017 rückte auch die Realisierung zukünftiger Photonik-Chips immer näher. An der TU Eindhoven entstand dazu eine hocheffiziente Nano-LED, die innerhalb eines Chips Übertragungsraten von mehreren Gigabit pro Sekunde ermöglichen sollte. Die aus mehreren Halbleiterschichten aufgebaute Diode hatte die Form einer Säule mit einer winzigen Grundfläche von wenigen hundert Quadratnanometern und einer Höhe von etwa anderthalb Mikrometern. Flächige Lichtquellen aus organischen Leuchtdioden – kurz OLED – könnten dank einer im vergangenen Jahr erstmals genutzten Materialklasse aus metallorganischen Komplexen noch effizienter werden. Mit einer Quanteneffizienz von nahezu 100 Prozent überflügelten die lichtaktiven Moleküle in Form von winzigen Propellern die etablierte OLED-Technologie deutlich. Und auch Quantenpunkte aus Kohlenstoff-Nanoteilchen zeigten ihr Potenzial als Quelle für Fluoreszenzlicht. Die Lichtemission der an der Universität München entwickelten C-Dots ließ sich exakt über den Einbau von Stickstoffatomen gezielt steuern.
Vielfalt der Sensoren
Nanopartikel bewiesen 2017 auch für die Entwicklung von Sensoren ihr großes Potenzial. Bis auf Femtometer genau konnte ein Detektor aus einem lichtaktiven Quantenpunkt und einem Nanodraht messen. Die Wellenlänge des vom Quantenpunkt emittierten Lichts änderte sich im Abhängigkeit der auf ihn wirkenden Spannungen. Forscher der Universität Stuttgart stellten über ein 3D-Druckverfahren direkt auf einen hochauflösenden CMOS-Chip einen ganzen Satz von Mikro-Objektivlinsen her. So entstand ein Lichtsensor mit Adlerblick, der in sich verschiedene Brennweiten entsprechend eines Weitwinkels- und eines Teleobjektivs vereint. Eine genaue Intensitätsmessung über einen weiten Spektralbereich gelang am Caltech in Pasadena mit einem eher ungewöhnlichen Sensortyp. Die Forscher nutzten ein Thermoelektrikum als Lichtsensor, das auf Temperaturdifferenzen – verursacht durch variable Reflexion und Absorption von Lichtwellen – mit Variationen elektrischer Spannungen reagierte.
Abb.: Photoeffekt: Kurze Laserpulse offenbaren eine verblüffende Dynamik der Elektronen nach der Anregung mit Licht (Bild: U. Bielefeld)
Grundlegende neue Einblicke in die Photonik gelang Physikern der Universität Bielefeld. Sie entdeckten neue Details im eigentlich umfassend beschriebenen Photoeffekt. Ihre Studie zeigte, dass schnellere Elektronen nach einer Anregung mit Licht erst mit Verzögerung emittiert werden im Unterschied zu langsamen Elektronen. Dass Photonen indirekt auf Magnetfelder reagieren können, belegten Forscher der ETH in Zürich. Über die Erzeugung von Polaritonen ließen sich eigentlich gegenüber elektromagnetischen Feldern unempfindliche Photonen beeinflussen. Und an der TU Wien widmeten sich Forscher der Lichtstreuung in diffusen Medien wie etwa Milch. Ihr verblüffendes Ergebnis: Egal wie durchsichtig oder undurchsichtig ein Medium war, legte das Licht darin immer dieselbe Wegstrecke zurück.
Jan Oliver Löfken
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