Wir basteln einen Einzelelektronentransistor
Durch DNS-Origami positionieren sich elektronische Komponenten von selbst nanometergenau.
Die Desoxyribonukleinsäure (DNS), das Erbgutmolekül der Lebewesen, kann man zum Ausgangsmaterial für komplizierte zwei- und dreidimensionale Nanostrukturen machen. Mit geeigneten molekularen Klammern faltet sich ein DNS-Strang von selbst in die gewünschte Form. Durch dieses DNS-Origami haben chinesische Forscher jetzt nanostrukturierte Einzelelektronentransistoren hergestellt.
Abb.: Die DNS-gesteuerte Fertigung von Einzelelektronentransistoren: Molekulare Klammern falten das schlaufenförmige DNS-Molekül zu einer rechteckigen Schablone. Klebrige Molekülfäden sorgen dafür, dass die verschiedenen Goldnanopartikel an der richtigen Stelle haften bleiben. (Bild: Z. Chen et al., Small)
Zunächst haben Qiangbin Wang und seine Kollegen vom Suzhou Institute of Nano-Tech and Nano-Bionics aus dem einsträngigen, schlaufenförmigen DNS-Molekül des Virus M13mp18 rechteckige Schablonen mit den Maßen 90 nm × 60 nm hergestellt. Dazu gaben sie in eine Lösung der DNS-Moleküle zusätzlich noch kurze DNS-Bruchstücke. Abhängig von ihrer Basensequenz setzten sich die Bruchstücke jeweils an zwei spezifische, weiter voneinander entfernte Abschnitte des DNS-Stranges, die sie wie Klammern miteinander verbanden, sodass sich der Strang faltete.
Einige dieser Klammermoleküle, die an bestimmten Stellen in der rechteckigen DNS-Schablone saßen, hatten zusätzlich einen „klebrigen“ Molekülfaden, der auf einer Seite aus der Schablone herausragte. An diesen Molekülfäden, von denen es zwei verschiedene Sorten gab, konnten Goldnanopartikel anhaften, an deren Oberfläche geeignete Moleküle gebunden waren. Die Partikel hatten die Form von 38 nm langen und 11 nm dicken Stäbchen oder von 4,5 nm großen Kügelchen.
Durch die Wahl der Molekülfäden und der molekularen Beschichtung der Nanopartikel erreichten die Forscher, dass sich die Teilchen auf den Schablonen von selbst in der gewünschten Weise anordneten. Auf jeder Schablone saß genau ein Kügelchen, das von drei Stäbchen umgeben war. Zwei der Stäbchen, die in einer Reihe lagen, bildeten Source und Drain des Transistors. In der etwa 10 nm breiten Lücke zwischen ihnen befand sich das Kügelchen, welches im Transistor die Rolle der Coulomb-Insel spielte. Das dritte Stäbchen schließlich war das Gate des Transistors und lag im rechten Winkel zu den beiden anderen Stäbchen, wie Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop zeigten.
Werden Source, Drain und Gate elektrisch kontaktiert (was die chinesischen Forscher indes noch nicht gemacht haben), so könnte man einen Tunnelstrom durch die Coulomb-Insel fließen lassen. Die Stromstärke hinge dann aufgrund der Coulomb-Blockade empfindlich davon ab, ob auf der Insel ein oder kein zusätzliches Elektron sitzt, was sich mit Hilfe des Gates steuern ließe. Durch das DNS-Origami können die Komponenten dieses Einzelelektronentransistors mit großer Präzision auf der Schablone positioniert werden. Darauf gründen die Forscher die Hoffnung, diesen Transistor auch bei Zimmertemperatur betreiben zu können.
Darüber hinaus eröffnet das DNS-Origami die Möglichkeit, auf relativ einfache Weise Einzelelektronentransistoren in sehr großer Zahl herzustellen. Die Ausbeute an Transistoren mit nanometergenau positionierten Nanopartikeln lag bei über 80 %. Die Forscher sind zuversichtlich, dass das Zusammenspiel von Top-down-Lithographie und Bottom-up-Selbststrukturierung durch DNS-Origami schon bald große Fortschritte hin zur Massenfertigung nanoelektronischer Bauteile ermöglichen wird.
Rainer Scharf
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