27.06.2013

Wo noch nie eine Raumsonde zuvor gewesen ist

Voyager-1 trifft auf eine unerwartete Zone am Rand des Sonnensystems, wie Schwankungen von Magnetfeld und Teilchenstrahlung zeigen.

Voyager-1 ist ein Raumfahrt-Oldtimer: Im September 1977 hatte sich die amerikanische Sonde auf den Weg zu den Planeten Jupiter und Saturn gemacht. Das Raumfahrzeug beendete nicht nur diese Missionen erfolgreich, es erwies sich auch als unerwartet robust. Noch heute liefert Voyager-1 unermüdlich Daten – inzwischen aus einer Entfernung von 18,5 Milliarden Kilometern, das ist die 124-fache Entfernung Erde-Sonne. Weiter ist noch kein irdisches Raumfahrzeug vorgestoßen. Für die Astrophysiker eine einmalige Gelegenheit, mit den an Bord befindlichen Instrumenten die Grenzregion zwischen dem Sonnensystem und dem interstellaren Raum zu untersuchen.

Abb.: Ungefähre Positionen der Raumsonden Voyager-1 und -2. Voyager-2 ist etwa drei Jahre nach Voyager-1 in die „Heliosheath“ eingedrungen. Voyager-1 befindet sich nun in einer neuen Zone, der „heliosheath depletion zone“, bei der es sich vermutlich um den Übergang in das interstellare Medium handelt. (Bild: Nasa)

„Heliosphäre“ nennen die Forscher die Blase im interstellaren Medium, in der das Magnetfeld der Sonne und der Sonnenwind dominieren. Im Dezember 2004 stieß die Sonde in die Heliosheath vor, die „Umhüllung der Sonnensphäre“. Hier beginnt der Sonnenwind bereits den Einfluss des interstellaren Mediums zu spüren und bremst langsam ab. Diese Abbremsung hat Voyager-1 ab April 2010 gemessen. Seither rechnen die Forscher damit, dass das Raumfahrzeug die Heliosphäre endgültig verlässt und in das interstellare Gas vorstößt. Messungen vom August 2012 zufolge ist dieser Übergang nicht gleichmäßig, sondern eher turbulent und sprunghaft.

Vom 28. Juli bis zum 25. August 2012 verzeichneten die Messgeräte insgesamt fünf Mal abrupte Veränderungen der Teilchenströme und des Magnetfelds. Während das Magnetfeld insgesamt nach diesen Sprüngen von 0,2 auf 0,4 Nanotesla angestiegen war, fiel der Teilchenstrom des Sonnenwinds auf unter ein Tausendstel der vorherigen Intensität ab. Gleichzeitig beobachteten die Forscher des Voyager-Teams einen deutlichen Anstieg der von außerhalb des Sonnensystems stammenden kosmischen Strahlung.

Während dem noch vorhandenen Magnetfeld nach sich die Sonde immer noch innerhalb der Heliosphäre befand, zeigten die Teilchenströme ein Verhalten, das eher beim Verlassen der Heliosphäre zu erwarten ist. „Die Beobachtungen zeigen also eher, dass Voyager-1 eine neue Region der Heliosphäre erreicht hat als das interstellare Medium“, folgern Edward Stone vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen. Die Forscher haben diese von der Theorie nicht vorhergesagte Zone „heliosheath depletion zone“ getauft – auf Deutsch etwa: Abreicherungszone der Umhüllung der Sonnensphäre.

Könnte es sich bei der letzten Veränderung am 25. August 2012 bereits um die Heliopause, die äußerste Grenze der Heliosphäre handeln? Stone und seine Kollegen verneinen die Möglichkeit. Die Messungen zeigen mit hoher Signifikanz, dass das Magnetfeld zwar seine Stärke, aber nicht seine Richtung verändert hat. Beim Durchqueren der Heliopause könnte das Magnetfeld aber nur dann seine Richtung beibehalten, wenn das Magnetfeld im interstellaren Raum zufällig die gleiche Richtung hätte, wie das solare Magnetfeld – doch das ist extrem unwahrscheinlich.

Rainer Kayser

AH

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