31.07.2014

Woher der Mond seine Form hat

Gezeitenkräfte haben denn Erd­traban­ten in der Ent­stehungs­phase defor­miert – und Ein­schläge seine Rota­tions­achse gekippt.

Der Mond ist keine perfekte Kugel: Er ist leicht abgeplattet und besitzt eine signi­fikante Auswölbung auf der erdabgewandten Seite. Diese Deformationen enthalten Informationen über die Entstehungs- und Entwicklungs­geschichte des Erdtrabanten, sind aber nicht leicht zu entschlüsseln. Grund dafür sind zahlreiche Einschlagbecken, die erst nach der Bildung der Mondkruste entstanden sind und sowohl die Topologie als auch das Schwerefeld erheblich beeinflussen.

Um dieser Schwierigkeit auszuweichen, haben Ian Garrick-Bethell von der University of California in Santa Cruz und seine Kollegen ein Modell des Mondes entwickelt, das ausschließlich auf Daten der Regionen außerhalb der Einschlagbecken basiert. Dadurch haben die Daten zwar erheblich Lücken, aber die durch diese Lücken entstehenden Fehler sind geringer als die Fehler, die eine Verwendung der Bassins nach sich zieht. Mit ihrem so konstruierten Modell konnte das Team bereits in einem ersten Anlauf im Jahr 2010 eine Erklärung für die Auswölbung der erdabgewandten Seite des Mondes liefern.

Abb.: Topografie des Monds, die Farben symboli­sieren die Abweichung von der Kugelform. Die aus den Daten elimi­nierten Einschlag­becken sind markiert. (Bild: I. Garrick-Bethell, UCSC / NPG)

Jetzt haben die Forscher ihre Analyse erweitert und liefern eine komplette Erklärung für die Form des Erd­traban­ten. Als Haupt­ursache sehen Garrick-Bethell und seine Kollegen dabei die Gezeiten­kräfte. Unmittelbar nach seiner Ent­stehung befand sich der Mond noch so nahe bei der Erde, dass die Gezeiten­reibung sein Inneres aufgeheizt hat. Dieser Prozess hat sich auf die Bildung der Kruste ausgewirkt: Sie wurde an den Polen dünner und dicker in den Regionen, die der Erde zu oder abgewandt waren. Als zweiter Prozess kam die ellipso­idale Deformation des Mondes durch die Gezeiten­kraft und durch die Eigen­rotation hinzu.

Beide Effekte zusammen, eingefroren bei der weiteren Abkühlung des Mondes, liefern eine sehr gute Überein­stimmung mit der durch das Modell von Garrick-Bethell und seinen Kollegen beschriebenen heutigen Form des Erd­traban­ten. Die Wahr­schein­lich­keit, dass diese Überein­stimmung zufälliger Natur ist, beziffern die Forscher auf weniger als ein Prozent. Die Symmetrie­achse des Modells stimmt allerdings, wie das Team weiter zeigt, nicht mit der Symmetrie­achse des Gravi­tations­feld überein: Beide Achsen stehen in einem Winkel von 34 Grad zueinander. Als Ursache dafür sehen die Wissen­schaftler den Einschlag großer Himmels­körper zu einem späteren Zeitpunkt, als der Mond bereits seine endgültige Form hatte. Dadurch sei es zu einer Umver­teilung der Masse gekommen und in der Folge zu einem Kippen der Rotations­achse.

Rainer Kayser

OD

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