14.01.2021 • Energie

Wunschfarben für Solarzellen

Deckgläser der Module nutzen physikalischen Effekt der Strukturfarben.

Photovoltaik-Anlagen haben sich längst zu einer Standard-Technologie entwickelt. Mit etablierten Verfahren werden sie in großen Mengen preiswert hergestellt. Eines aber hat sich in all den Jahren nicht wirklich verändert: das Aussehen der Photo­voltaik-Module – schwarz-glänzende Platten mit einer Schutzhaut aus Glas, darunter die Photovoltaik-Zellen von der Größe einer kleinen Badezimmer­kachel, die wie auf einem Schachbrett miteinander verlötet sind. Wirklich schön sind diese Module nicht. Schon gar nicht, wenn sie an eine Hausfassade geschraubt werden. Dabei wäre es überaus sinnvoll, nicht nur die Dächer, sondern auch Hauswände mit Photo­voltaik-Anlagen zu versehen. Denn um die Energiewende zu schaffen, müssen die erneuer­baren Energien weiter ausgebaut werden. 2500 Quadrat­kilometer zusätzlicher Photovoltaik-Anlagen werden dafür benötigt. Auf den deutschen Fassaden wäre genug Platz dafür.

Abb.: Solarzellen in Wunsch­farben – Rund 93 Prozent des Sonnen­lichts...
Abb.: Solarzellen in Wunsch­farben – Rund 93 Prozent des Sonnen­lichts können die spezielle Oberflächen­struktur durchdringen. (Bild: Fh.-ISE)

Doch bei Bauherren und Architekten sind Photovoltaik-Anlagen als gestalterisches Element wenig beliebt. Zu störend sind diese Objekte. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Solare Energie­systeme ISE in Freiburg haben deshalb ästhetische, farbige Module für die Gestaltung von Fassaden entwickelt, denen man ihren eigentlichen Zweck gar nicht mehr ansieht. Die bunten Bauteile lassen sich in der gewünschten Farbe herstellen und sich fast unsichtbar in eine Fassade oder ein Dach integrieren. Modernen Gebäuden mit vorgehängter, hinterlüfteter Fassade können sie gar den letzten Schliff geben. „Die zündende Idee für die Entwicklung bestand darin, die Deckgläser der Module nicht mit Farbpigmenten einzufärben, sondern vielmehr den physikalischen Effekt des Schmetterlings­flügels nachzuahmen“, sagt Thomas Kroyer, Leiter der Gruppe Beschichtungs­technologien und -systeme. Denn beschichtet man Gläser mit Pigmenten, büßen diese viel von ihrem Wirkungsgrad ein, weil das Licht nicht mehr ungehindert in das Modul eindringen kann.

Anders der Flügel des Morpho-Falters: Die im tropischen Regenwald in Mittel- und Südamerika lebenden Schmetter­linge erzeugen einen Farbeindruck nicht durch farbige Pigmente, sondern durch einen optischen Effekt. Die Schmetterlings­flügel haben eine mikrometerfeine Oberflächen­struktur, die gezielt einen engen Wellenlängenbereich reflektiert. Den Experten ist es gelungen, eine ähnliche Oberflächen­struktur durch einen Vakuumprozess auf die Rückseite des Deckglases ihrer Photo­voltaik-Module aufzubringen. Je nach Feinstruktur lassen sich so Deckgläser in knackigem Blau, Grün oder Rot herstellen. „Rund 93 Prozent des Lichts können diese Schicht durchdringen – nur etwa sieben Prozent werden reflektiert und lösen den Farbeffekt aus“, sagt Kroyer. Nach dem strahlend blau leuchtenden Morpho-Falter haben die Freiburger ihre Techno­logie MorphoColor benannt.

Zum ansprechenden Aussehen gehört aber nicht allein die Farbe. Die Forscher haben noch eine weitere Lösung gefunden, um Photovoltaik-Anlagen schöner zu machen. Um zu verhindern, dass die aneinander gelöteten Photo­voltaik-Zellen von Kachel-Größe wie ein Schachbrett durch das farbige Deckglas schimmern, haben sie eine Montagemethode entwickelt, die an das Prinzip der Dach­schindeln erinnert. Dachschindeln werden überlappend aufeinander gelegt, damit der Regen abfließen kann. Entsprechend fertigen die Solarforscher jetzt Photo­voltaik-Zellen in Streifen an, die sie wenige Millimeter überlappend zu einem größeren Modul zusammenkleben. So entsteht ein homogenes Ganzes ohne störende Zwischenräume oder sichtbare Kontakt­drähte. „Man kann aus verschiedenen Winkeln auf unsere geschindelten Photovoltaik-Module mit MorphoColor-Beschichtung schauen – und trotzdem bleibt der homogene Eindruck.“

Die im Vakuum­verfahren bedampften Deckgläser lassen sich sowohl zu Photovoltaik-Modulen laminieren als auch in einen Kollektor zur solaren Wärmezeugung integrieren. Das ist ein echter Gewinn, weil man mit einer Fertigungs­linie beide Produkte bedienen kann. Dieser Doppelnutzen hat auch für den End­anwender seinen Reiz. Photovoltaik- und Solarthermie-Module können künftig mit derselben Farbe versehen und quasi unsichtbar neben­einander auf das Dach oder an die Fassade montiert werden. Passt man den Farbton an das restliche Gebäude an, lässt sich eine Hauswand mit einem absolut homogenen Äußeren realisieren; eine Fassade, die zugleich Strom und Wärme liefert. Damit kann das Haus der Zukunft zum besonders ästhetischen Plus-Energie-Haus werden, das mehr Energie liefert als es verbraucht.

FhG / JOL

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